Michaela Neuberger liebt und lebt ihren Heimatdialekt in mancherlei Hinsicht. Vielen ist sie übers Radio im Ohr: als die weibliche Stimme von »Auf gut Badisch«. Live und damit ganz privat erleben kann man sie am 20. Juni, beim Wandern am Nordracher Brennhislitag.
»Es sind bestimmt schon zehn Jahre, dass ich das mache«, überlegt Michaela Neuberger auf die Frage hin, wann es denn mit »Auf gut Badisch« angefangen habe. Damit also, dass sie englischsprachige Songtexte fürs regionale Radio in ihren Heimatdialekt übersetzt.
»In meinen Heimatdorf-Dialekt«, verbessert die gebürtige Oberharmersbacherin, »denn Badisch ist ja ganz breit, in jedem Ort spricht man einen bisschen anderen Dialekt.« Vor zehn Jahren hatte die heute 50-jährige Mutter zweier inzwischen erwachsener Söhne längst begonnen, sich einen Namen zu machen: als freiberufliche Veranstalterin von Ein-Frau-Events.
Die Zutaten: Nichts anderes als sie selbst. Oder anders gesagt: schon immer gelebtes schauspielerisches Talent in Verbindung mit einer enorm hohen sozialen Kompetenz und volle Leidenschaft für das, was zu tun sie sich entschlossen hat.
»Das hört sich spannend und lustig an, ich bin dabei«, hatte die eigentlich zur Einzelhandelskauffrau Ausgebildete vor zehn Jahren daher gesagt, als der Radio-Redakteur sie aufgrund ihrer Reputation anrief. Um sie im Rahmen des damals neuen Projekts »Auf gut Badisch« für die weibliche Rolle zu gewinnen, für den männlichen Part fand man Sigi Lewandowski.
Seither erhält Michaela Neuberger »immer dann, wenn wieder Not am Mann ist«, per Mail eine Titelliste, mit Songtexten aus den aktuellen Charts. Und schaut im Internet, ob bereits deutsche Übersetzungen vorliegen, die sich in den Dialekt übertragen lassen.
»Neid« auf den männlichen Part
»Oftmals habe ich dann drei verschiedene Übersetzungen da liegen. Meist sind sie einfach nur mit Google übersetzt und je nach dem ergeben sie einen Sinn oder auch nicht«, lacht die stets Abenteuerlustige angesichts des mühsamen Abgleichs mit dem englischsprachigen Original. Vor allem die Redewendungen im Englischen und Amerikanischen stellen schwierig zu überwindende Hürden dar. Zwar muss sie keine Eins-zu-Eins-Übersetzungen liefern, »aber inhaltlich muss es stimmen.«
Dass die männlichen Interpreten oftmals aussagekräftigere Texte als die weiblichen hätten, bedauert Michaela Neuberger und hat daher schon oft genug ihren Kollegen Sigi Lewandowski beneidet.
Zwar wolle sie nicht verallgemeinern, aber nicht selten denke sie: »Boooh Mädel, was willst du mir mit dem Lied jetzt eigentlich sagen? Willst du dich jetzt umbringen oder willst du dich nicht umbringen, geht’s dir jetzt eigentlich gut oder geht’s dir nicht gut«, lacht sie mit halb gespielter, halb echter Verzweiflung. Hinzu komme, dass ein Lied von den Emotionen her häufig ganz anders gesungen werde, als es der Text vermuten ließe. »Du denkst: Das ist so ein beschwingtes fröhliches Lied, und dann schaust du dir den Text an und stellst fest, wie deprimierend der ist.« Was auch ihren Radio-Redakteur immer wieder verwundere.
Erst »Old School«, dann PC
Die Art und Weise des Übersetzens läuft bei Michaela Neuberger nach »old school« ab, nämlich handschriftlich. »Wenn’s nicht so gut läuft, habe ich einen ganzen Block vollgeschrieben und alles ist immer wieder durchgestrichen«, lacht sie mit erdig-warmer Selbstironie über das, was sie sich anfangs als längst nicht so schwierig vorgestellt hatte.
»Man denkt, wenn man einen hochdeutschen Text vor sich hat, liest man den halt einfach im Dialekt. Aber dem ist nicht so«, lernte sie schnell. »Manchmal muss ich echt überlegen: Wenn ich mich jetzt mit meiner Freundin unterhalten würde, wie würde ich das sagen?« Oftmals beiße sie sich auch am Satzbau des Hochdeutschen fest, wohingegen man den im Dialekt »komplett durcheinander würfeln würde.«
Die fertige Dialektübersetzung tippt sie schließlich in den Computer, der besseren Lesbarkeit halber. Zwischen zehn und vierzehn Titel sind es meist, mit denen die Eventfrau, die auch wunderbar mit ihrer Stimme spielen kann, zur Aufzeichnung nach Offenburg ins Studio von Hit Radio Ohr respektive Schwarzwaldradio fährt.
Und wieder lacht sie: »Wenn die im Studio ganz viel Glück haben, kann ich den Text in einem Rutsch durchlesen.« Gibt es jedoch einen Stolperer, dann fängt sie den jeweiligen Satz nochmal von vorne an und es wird zusammengeschnitten. Doch die Übung macht’s: »Mittlerweile klappt es ganz gut, dass ich einen Songtext an einem Stück lese.«
Auf-gut-Badisch »on Tour«
Seit zwei Jahren ist Michaela Neuberger zudem immer wieder mit Auf-gut-Badisch »on Tour«. Ist dann mit ihrem männlichen Counterpart und zwei Musikern live zu erleben. Im Freilichtmuseum der Gutacher Vogtsbauernhöfe war das beispielsweise, »und auf der Landesgartenschau in Lahr letztes Jahr haben die Leute richtig Party gemacht. Weil die Leute sich freuen, wenn sie ihre Radio-Stimme auch mal in echt sehen.«
Und so kam die Oberharmersbacherin auf die Idee, am Nordracher Brennhislitag über den Obstbrennerweg zu wandern. Jeder, der Lust dazu hat, darf an diesem Tag mit ihr, der Auf-gut-Badisch-Stimme, wandern und Michaela Neuberger auf diese Weise privat kennenlernen. Sigi Lewandowski kann sie aus gesundheitlichen Gründen nicht begleiten.
Treffpunkt ist um 9 Uhr
bei der Hansjakob-Halle im Nordracher Ortskern. Mit dabei sein werden 16 Hörer, die ein »for free« gewonnen haben – will heißen: die kostenlose Verköstigung auf den fünf Obstbrennerhöfen, bei denen die gesamte Wandertruppe jeweils einkehrt.
Brennhislitag
Am Donnerstag, 20. Juni (Fronleichnam) kann man sich ab 9 Uhr vor der Hansjakob-Halle im Nordracher Ortskern bei spritzig-frischem regionalen Apfelsecco über geführte Wandermöglichkeiten entlang des Obstbrennerweges informieren. Oder auf eigene Faust losmarschieren. Ab 10 Uhr dann haben die Obstbrenner entlang der rund 22 Kilometer langen Strecke in ganz besonderer Wald-und-Wiesen-Natur ihre Tore geöffnet. Geistvolles und allerlei Köstlichkeiten warten dahinter.