Die Theke bleibt im Wohnzimmer

Jimmie Miller und John Davenport genießen Leben im »Jäger-Inn«

Vor einem Jahr haben die beiden US-Amerikaner Alan »Jimmie« Miller und John Davenport das »Jägerstüble« im Holdersbachtal als Altersruhesitz gekauft. In dieser Zeit haben sie sich in den Räumen der ehemaligen Gaststätte behaglich eingerichtet – und eingelebt.

Die beiden US-Amerikaner lernten sich 1991 in Salt Lake City im Bundesstaat Utah kennen. Jimmie hatte in der Army gedient und war von 1984 bis 1988 auf der »Air Base Ramstein« stationiert. Nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst 2005 stieg er als Finanzberater ein. John Davenport war bis zu seiner Pensionierung Richter im Bundesstaat Utah.

Immer wieder besuchten die beiden die Heimat ihrer Ahnen. Jimmies Vorfahren waren dem Ruf der russischen Zarin Katharina gefolgt und kamen über Umwege zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die USA. Johns Familie hat ihre Wurzeln in Pforzheim. Auf der Suche nach einer passenden Immobilie für ihren Ruhestand kamen sie erstmals 2008 in den Schwarzwald.

»Während einer Fahrt vom Renchtal über den Löcherberg sahen wir das Harmersbachtal und da war die Entscheidung gefallen«, erinnert sich Jimmie. Immer wieder verbrachten sie hier ihren Urlaub. Als sie dann hörten, dass das »Jägerstüble« zum Verkauf stünde, hatten sie ihr Wunschdomizil gefunden.

Reichlich ausgeschildert

Äußerlich hat sich das Haus kaum verändert. Die Reklameschilder der Gaststätte sind verschwunden, nur der Schriftzug auf dem Geländer der Terrasse erinnert an die frühere Nutzung des Gebäudes. In der Umgebung haben die neuen Bewohner auf Anraten der Ex-Wirtin Sonja Wurth die Hinweisschilder entfernt. »Sonja meinte, es müssten 14 Schilder sein, wir haben 21 gefunden«, berichten Jimmie und John über ihre Erkundungsgänge in der Umgebung. Trotzdem komme es immer mal wieder vor, dass Leute vor der Türe stünden und hier einkehren wollten.

Zeitkapsel

Jimmie und John wohnen jetzt im »Jäger-Inn« wie sie ihr neues Heim nennen. Im einstigen Gastraum sind die Gewehre und Trophäen verschwunden, nur ein riesiger Wildschweinkopf, den mal ein Besucher »Karl« nannte, durfte bleiben. Die gemütliche Sitzecke lädt zum Verweilen ein. Der Stammtisch bietet den Besuchern geräumigen Platz. Und gleich daneben, wohl einmalig weit und breit, eine Theke im Wohnzimmer, die kurze Wege für den Nachschub an Getränken verspricht. An ihr vorbei führt der Weg in die neue Küche, die für das leibliche Wohl bestens ausgerüstet ist. Jedes Fleckchen ist sinnvoll genutzt. »Hier ist eine Zeitkapsel eingelassen mit einem Zeitungsausschnitt von unseren Anfängen hier, eine Speisekarte und andere Erinnerungsstücke« deutet Jimmie auf eine Ecke im hinteren Bereich.

Lebendiges Zuhause

Sonja Wurth, die hier über 20 Jahre zu Hause war, freut sich über die gelungene Umgestaltung. »Ich habe kein Heimweh und ich freue mich darüber, dass das Haus in besten Händen ist« gratuliert sie ihren Nachfolgern zu ihrem neuen Heim, das nicht minder lebendig scheint, als in den besten Tagen der beliebten Gaststätte.

Da die beiden Wahl-Oberharmersbacher eine große Verwandtschaft haben, bekommen sie auch öfters Besuch. Untergebracht sind sie vorzüglich, denn die Gästezimmer bieten, wie früher, denselben Komfort. Jimmie und John wurde auch schon angedeutet, dass sie die kommenden 20 Jahre noch ge­nießen sollen, denn dann stünde die nächste Generation, sprich Rentner, in den Startlöchern.

Von der Stadt aufs Land

Die Aufnahme der beiden Amerikaner hier im hinteren Holdersbachtal war herzlich. »Wenn wir weg sind, passen die Nachbarn auf unser Haus auf« freut sich Jimmie über den guten Kontakt zu den Anliegern. Pins an der Wand aus Obernai und vom Okto­berfest, vom Europapark und aus Rüdesheim zeigen, dass die beiden ihre nähere und weitere Umgebung intensiv kennen lernen wollen. Und eine ganze Reihe von Bechern erinnert an die Besuche der Weihnachtsmärkte hier und in den Nachbargemeinden. Die Stadtmenschen aus New York City beziehungsweise Salt Lake City fühlen sich auf dem Land sichtlich wohl.

Die beiden haben auch schon ihre Fühler ausgestreckt, um sich in ihrer neuen Heimat einzubringen. Der 63-jährige Jimmie, der in mehreren Sprachen bewandert ist, hat unter anderem für das Tourismus-Büro Texte ins Englische und Französische übersetzt. John hält sich da eher etwas zurück, aber er erkundet beim täglichen Joggen die Gegend und hält Ausschau, wo demnächst ein Fest ansteht, ganz egal ob Jahrmärkte, Maibaum stellen oder ob die Bürgerwehr wie anlässlich der »Gallenkilwi« aufmarschiert.

Mit seinen Sprachkenntnissen macht er 57-jährige John dennoch Fortschritte. Im früheren Nebenzimmer hängt an der Wand, ganz auf der Höhe der Jahreszeit, eine riesige Fahne der Oberharmersbacher Bärenzunft. Verschmitzt lächelnd deutet er darauf und sagt mit einem leichten »Slang«: »Narri, Narro«.

Jimmie und John sind in Oberharmersbach angekommen.