Gegensätzlicher hätte der Eindruck während der jährlichen Waldbegehung für Bürgermeister Richard Weith und die Gemeinderäte kaum ausfallen können. Revierleiter Hans Lehmann hatte eine knapp fünf Kilometer lange Tour von der Paulshütte über den Grenzweg zum Teufelstein und den Eichbühlweg ausgesucht, um die aktuelle Lage des Gemeindewaldes in allen Schattierungen zu zeigen.



»Hier wird engagierte Arbeit geleistet«, fasste Holger Schütz seinen Eindruck zusammen. Der Leiter des Amtes für Waldwirtschaft und Dezernent für den ländlichen Raum, der den künftigen Leiter des Forstbezirks Offenburg Simon Springmann in Oberharmersbach vertrat, bescheinigte Revierleiter Hans Lehmann ein überdurchschnittliches Maß an Engagement. Die Vielfalt der Baumarten und die Stufigkeit verleihe dem Wald eine hohe Stabilität. »Der Wald steht gut da«, fasste er seinen Eindruck zusammen.
Dass dies nur die eine Seite der Medaille ist und dass ein noch so großer Arbeitseinsatz nicht gegensteuern kann, wenn die natürlichen Voraussetzungen nicht stimmen, zeigte sich an den einzelnen Stationen entlang der Route von der Paulshütte über das Wasserloch, Teufelstein und Eichbühlweg. Der Überblick des Revierleiters über die extremen Wettersituationen dieses Jahres – Schneebruch, Sturm, extreme Trockenheit und schließlich die Käferkalamität – war die Einstimmung, dass wohl auch künftig mit derartigen Ereignissen gerechnet werden muss.
»Gerade der Käferbefall stellte uns vor große Herausforderungen«, belegte er anhand von Karten. Dutzende von Holzpolter und eine nur unwesentlich geringere Anzahl von Einzellosen sind überall verteilt. »Das zerstreut anfallende Käferholz verursacht eben wesentlich höhere Aufarbeitungskosten«, erklärte er, außerdem drückten der sehr hohe Holzanfall mit der schnell abnehmenden Holzqualität im Sommer und die Verfärbungen wegen des Käferbefalls auf den Preis. »Wobei wir im Gemeindewald bisher noch glimpflich davongekommen sind«, schob er nach, denn die höheren Schäden seien vor allem eine Etage tiefer im Privatwald aufgetreten. Probleme bereite auch die erforderliche rasche Holzabfuhr, denn die Sägewerke seien bereits im Sommer gut versorgt gewesen und es gebe deutlich zu wenig Transportunternehmen auf der Fläche.
Silke Stößer, die derzeit als Forststudentin ihr Praxissemester in Oberharmersbach ableistet und mit Hans Lehmann die Exkursion ausgearbeitet hat, erklärte anschaulich den unterschiedlichen Befall der Nadelbäume mit Borkenkäfern. »Hauptschädlinge an der Fichte sind der ›Buchdrucker‹ und der ›Kupferstecher‹, an der Weißtanne der ›krummzähnige Tannenborkenkäfer‹«, unterschied sie. Man müsse sich mit der Biologie dieser Käfer auseinandersetzen, um bei der Bekämpfung die richtigen Maßnahmen zu treffen.
Oft nur punktuell, hin und wieder auch auf kleineren Flächen, hatte der Gemeindewald in den letzten Wochen unter der Käferkalamität gelitten. Hans Lehmann schilderte, wie auf Einzelflächen neben der zu erwartenden Naturverjüngung wohl auch noch nachgepflanzt werden müsse, vor allem mit klimaresistenteren Arten wie Douglasie oder Weißtanne sowie Laubholz in gemischter Form.
Momentan hilft ein Teil der Waldarbeiter in benachbarten Waldungen beim Einschlag von Käferholz aus, auch um ein Übergreifen auf die eigene Fläche zu verhindern. »Die Bewährungsprobe ereilt uns im kommenden Jahr«, wagte Hans Lehmann eine durchaus realistische Prognose. Man wisse nicht, was noch an Holzmasse anfalle, ebenso wenig sei eine Voraussage möglich, wie der Wald auf die Niederschläge in den kommenden Monaten reagieren werde. »Die kommende Vegetationsperiode wird zeigen, inwieweit der
für die Wasseraufnahme im Baum dringend notwendige Feinwurzelbereich durch die Trockenheit bereits geschädigt ist«, stellte er nüchtern fest.
Finanziell ist der Schaden für die Gemeinde in diesem Jahre noch überschaubar, die größeren Auswirkungen schlügen erst im kommenden Jahr durch, so prognostizierte der Revierleiter. Erntekosten und erzielbarer Preis liefen in gegensätzliche Richtungen. Eine Planung für das kommende Jahr mit Frischholzeinschlag sei daher mit größter Unsicherheit behaftet. »Die Gemeinde hat gerade jetzt einen hohen Finanzbedarf«, stimmte Bürgermeister Richard Weith auf die zu erwartenden schwierigen Zeiten ein. Da komme die Käferkalamität und deren anhaltenden Folgen doppelt ungelegen.