Rund vierzig Gäste waren zum Seniorennachmittag ins Bürgerhaus Nordrach gekommen und waren vom Vortrag Horst Feuers begeistert.
Zum ersten Seniorennachmittag im Herbst waren knapp vierzig Gäste in das Bürgerhaus Nordrach gekommen. Horst Feuer berichtete über das Leben und Wirken von Josef Bildstein. Die Frauengemeinschaft sorgte für das leibliche Wohl der Gäste.
Geboren im Nordracher Hintertal
Horst Feuer beschrieb zunächst den Lebenslauf von Bildstein, der im Wohnhaus seiner Eltern am Großen Weiher im Nordracher Hintertal 1895 zur Welt kam. Nach der Schule war er als Arbeiter im Gemeindewald beschäftigt. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde er Soldat, danach Gärtner in der Heilstätte Friedrichsheim in Marzell und im Genesungsheim Neckargemünd. 1923 heiratete er das Dienstmädchen Hierlanda Maria Doll aus Bad Rippoldsau.
Arbeiter bei der Stadt Mannheim
Die Eheleute Bildstein zogen 1935 in die Stadt Mannheim und Bildstein wurde Mitarbeiter in der Gartenverwaltung der Stadt. „Ganz wichtig war“, hob Feuer hervor, „das Ehepaar bekam keine Kinder. Dies war für den weiteren Lebenslauf von großer Bedeutung“. Bildstein begann, Heimatliteratur zu erwerben, besuchte Flohmärkte und Museen und ab der mittleren 1930er Jahre fand er Interesse an alten Uhren und Münzen. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde er 1943 als Soldat eingezogen, geriet in Frankreich in Gefangenschaft und wurde erst im Februar 1946 entlassen. Er konnte danach wieder bei der Stadt Mannheim arbeiten, bis zur Rente im Jahre 1960.
Uhren und Heimatliteratur
Bildstein kehrte nun nach Nordrach zurück und bezog mit seiner Ehefrau sein Elternhaus am Großen Weiher. In der Stube des Häuschens zierten mit der Zeit immer mehr Uhren die Wände. Heimatliteratur, Fachbücher und Kataloge der Auktionshäuser füllten Schränke und Regale. Besuchern öffnete Bildstein gerne die Türen und Schubladen, um sie an seinen gesammelten Kostbarkeiten teilhaben zu lassen.
Bereits im Jahr 1962 erkrankte seine Frau schwer und Bildstein pflegte sie bis zu ihrem Tod im Juni 1964. „Josef Bildstein blieb also allein zurück und er machte sich doch wohl schon seit langem Gedanken, was mit all dem passieren wird, was er so leidenschaftlich gesammelt hat, wenn er nicht mehr da ist“, mutmaßte Feuer. Er wollte sein Lebenswerk der Gemeinde Nordrach schenken, für ein Nordracher Heimatmuseum mit seinen Sammlungen. Sein Wunsch stieß nicht auf die erwartete Gegenliebe. Die Nordracher Ratsherren hatten kein Interesse, erkannten den Wert der Sammlung nicht und lehnten das Angebot ab.
Stadt Zell wurde zum Erben
Schwer enttäuscht wandte sich Bildstein an den Zeller Museumsbetreuer Franz Berger und an Günther Haiss, Geschäftsführer der Keramik und Stadtrat. Nach mehreren Gesprächen und Briefwechseln teilte Bildstein seinem Freund Haiss mit Schreiben vom 1. Januar 1965 mit, dass er die Stadt Zell in seinem Testament berücksichtigen werde und ihr all sein Hab und Gut vermachen wolle. Eine der Bedingungen war, seine gesammelten Werke als Ganzes unter der Bezeichnung „Bildstein-Sammlung“ zu erhalten.
Museum „Bildsteinstuben“ eröffnet
Im Juni 1972 wurde das Museum „Bildsteinstuben“ im Obergeschoss der Alten Kanzlei im Beisein von Josef Bildstein eröffnet. Der Stifter, der mittlerweile seinen „Alterssitz“ in einem von der Stadt zur Verfügung gestellten Eckzimmer des städtischen Krankenhauses hatte, betreute auch bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1976 persönlich „seine Bildsteinstuben“.
Bildsteinaufsätze schreiben das Erbe fort
Nicht nur die „Bildsteinstube“ auch die „Bildsteinaufsätze“ tragen noch heute seinen Namen. Zusammen mit dem ers-ten Rektor des Bildungszentrums Franz Elischberger entstand der Plan eines Schülerwettbewerbs. Seit 1977 schreiben Hauptschüler des Bildungszentrums den „Bildsteinaufsatz“ über heimatkundliche Themen. „Der Bildsteinpreiswettbewerb ist ganz ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte, einmalig und ganz sicher von kulturhistorischem Wert“, ist sich Horst Feuer sicher.
Horst Feuer verstand es meisterhaft, das Leben und Wirken von Josef Bildstein lebhaft, anschaulich und mit zahlreichen Fotos zu schildern. Die begeisterten Besucher dankten ihm am Ende seines kurzweiligen und informativen Vortrags mit einem kräftigen Beifall.