Alt-Bürgermeister Paul Keller konnte im vergangenen Jahr noch seinen 95. Geburtstag feiern, geistig sehr aktiv und immer noch voller Pläne, trotz seiner Erkrankung. Nun wurde er von seinen Leiden erlöst.
Paul Keller kam am 29. Juni 1927 in Unterharmersbach im Hainbuchenweg zur Welt, wo er zusammen mit seiner Schwester Trudel aufgewachsen ist. Nach der Volksschule wollte er sich zum Sportlehrer ausbilden lassen. Jedoch durchkreuzte der Zweite Weltkrieg seine beruflichen Pläne. Im Alter von 16 Jahren wurde er in den Arbeitsdienst eingezogen und war anschließend als Soldat in Ungarn im Einsatz, wo er 1945 in russische Gefangenschaft geriet. Erst im August 1949 konnte er heimkehren. Die Kriegsjahre haben sich tief in sein Bewusstsein eingegraben.
Paul Keller gelang es nicht mehr, sich seinen ursprünglichen Berufswunsch zu erfüllen. Sein Schulkamerad Josef Heisch riet und motivierte ihn, sich bei der Sparkasse als Bankkaufmann ausbilden zu lassen. Paul Keller bildete sich weiter zum Sparkassensekretär und legte im Jahre 1958 die Prüfung zum Inspektor ab.
Zum Bürgermeister von Unterharmersbach gewählt
Im Jahre 1965 stellte Paul Keller die Weichen für eine berufliche Neuorientierung, ohne es damals schon zu wissen. Er wurde gebeten, sich als Gemeinderat bei den Freien Wählern zu bewerben, und wurde gewählt. Als Bürgermeister Peter Lehmann nach Ablauf seiner Amtszeit 1968 nicht mehr kandidierte, motivierten seine Gemeinderatskollegen Paul Keller, sich für das höchste Amt der Gemeinde zu bewerben. Trotz drei weiterer Bewerber wählte die Unterharmersbacher Bevölkerung bereits im ersten Wahlgang Paul Keller zu ihrem neuen Bürgermeister.
Nun konnte Paul Keller zeigen, was in ihm steckte. Sofort packte er mehrere Großprojekte an. Die Gemeinde kaufte den Fürstenberger Hof, richtete darin ein Heimatmuseum ein und legte darum herum den Kurgarten an. Ein weiterer Meilenstein war der Bau der Schwarzwaldhalle als Zentrum für Vereine und Kultur. Im Gewann Herrenholz ließ er eine Walderholungsanlage anlegen.
Schweren Herzens der „Verschmelzung“ zugestimmt
Von 1973 bis 1979 war Paul Keller Mitglied des Kreistags im neugebildeten Ortenaukreis.
Aber bald zogen die dunk len Wolken der Gemeindereform über die Gemeinde Unterharmersbach. Mit allen Kräften versuchten Paul Keller und seine Gemeinderäte, die Selbstständigkeit zu erhalten, letztendlich ohne Erfolg. Schweren Herzens stimmte der Gemeinderat 1974 der „Verschmelzung“ von Unterharmersbach und Zell am Harmersbach zu.
Nun hauptberuflicher Ortsvorsteher von Unterharmersbach bis zur Pensionierung im Jahre 1990 geworden, war Paul Keller darum bemüht, die haushohen Wogen des Zusammenschlusses zu glätten und mit der Stadt Zell in eine gute, gemeinsame Zukunft zu gehen. Sein Ziel, eine schöne Ortsmitte zu gestalten mit wichtigen Einrichtungen der Daseinsfürsorge wie Arztpraxis, Apotheke und Friseur, hat er mit gezielter Weitsicht verwirklicht.
Das Flurbereinigungsverfahren hatte Paul Keller noch als Bürgermeister beantragt. In den 80er Jahren konnte die Stadt Zell a. H. die Früchte ernten und Paul Keller übernahm den Vorsitz der Teilnehmergemeinschaft des „Schwarzwaldprogramms“. Insgesamt 12 km Hofzufahrten für 37 Höfe konnten mit einem Aufwand von 5.5 Millionen DM gebaut werden.
Mit dem Bundes verdienstkreuz ausgezeichnet
Die Stadt Zell a. H. hat 1990 Paul Keller bei seiner Verabschiedung als Ortsvorsteher eine besondere Ehrung zukommen lassen. Staatssekretär Robert Ruder verlieh ihm für seine großen Verdienste und als „Inbegriff des Hombachers“ das Bundesverdienstkreuz. Gleichzeitig wurde er zum Ehrenmitglied aller Unterharmersbacher Vereine ernannt.
Auch im Ruhestand gab Paul Keller keine Ruhe. „Ich habe Glück gehabt mit meinen Männern im Ortschaftsrat“, lobte er anerkennend seine Mitstreiter. Mit ihnen zusammen setzte sich Paul Keller weiterhin für die Gemeinschaft ein. Die „Alt-Ortschaftsräte“ schufen das Bachwegle und den Panoramaweg mit vielen schönen Ausblicken, renovierten die Kapelle beim Lachenbauernhof, die Lok am Dernauerplatz und strichen die Parkbänke.
Die ersten Krippenausstellungen organisiert
Ein besonderes Anliegen war es für Paul Keller, die Volksfrömmigkeit, insbesondere die Marienverehrung im Harmersbachtal in drei Ausstellungen zu belegen, dazu kamen noch die ersten vier Krippen- und Weihnachtsausstellungen im Fürstenberger Hof. Nach 16 Jahren mussten die Alt-Ortschaftsräte ihrem Alter Tribut zollen und ihr aktives Wirken für Unterharmersbach aufgeben.
Paul Keller hatte auch noch eine andere, eine religiöse Seite. Schon erwähnt wurden die Ausstellungen zur Volksfrömmigkeit. Privat war es ihm aber auch wichtig, zu den sechs wichtigsten Wallfahrtsorten der Marienverehrung in Europa zu fahren: Alt ötting in Bayern, Mariazell in Österreich, Loreto in Italien, Lourdes in Frankreich, Fatima in Portugal und Tschenstochau in Polen.
Privates Glück mit seiner Frau Margarete gefunden
„Privat habe ich großes Glück gehabt“. Dies betonte Paul Keller oft in Gesprächen. Er und seine Frau Margarete haben sich vor einundvierzig Jahren das Ja-Wort gegeben und in der Freizeit die ganze Welt erkundet. „Wir waren gemeinsam in allen fünf Erdteilen. Wir haben zahlreiche Hochalpintouren unternommen, sind bis auf den Mont Blanc gestiegen.“ Darüber hat Paul oft sichtlich bewegt erzählt. Die Lieblingsberge waren die Dolomiten und die Brenta Gebirgsgruppe im Trentino mit den anspruchsvollen Klettersteigen. Bei allen Reisen waren ihm Natur und Kultur wichtig. Gerne unternahmen beide auch in den letzten Jahren Ausflüge in den Hochschwarzwald und zum geliebten Kaiserstuhl.
Großen Wert legte er auf ein harmonisches Familienleben und mit großer Leidenschaft widmete er sich über viele Jahre seiner Gartenanlage rund um das Wohnhaus.
Als er vor einem Jahr schwer erkrankte und der Verlauf der Erkrankung immer mehr Hilfe und Pflege erforderte, konnte er sich auf seine Ehefrau verlassen. „Ich habe jetzt eine eigene Krankenschwester“, lobte er ihre Fürsorge. Mit der vorzüglichen, wertvollen medizinischen Versorgung der Arztpraxis Dr. Werner Dentler, Dr. Jan Dentler und Frau Dr. Knab sowie des stets freundlichen und äußerst zuverlässigen Praxisteams konnte Paul Keller bis zuletzt zuhause wohnen bleiben und friedvoll einschlafen. Dies hat sich Paul immer gewünscht.
Gutes Einvernehmen mit Paul Keller
Alt-Bürgermeister Hans-Martin Moll lobt das gute Einvernehmen mit Paul Keller: „Nachdem er mit seinen Unterharmersbacher Bürgern leidenschaftlich gegen den Gemeindezusammenschluss gekämpft hatte, musste er schweren Herzens den gesetzlich verfügten Zusammenschluss zum 01.01.1975 akzeptieren. Dabei kam der künftigen Zusammenarbeit zugute, dass in meiner Person ein Außenstehender neuer Bürgermeister für die neue Stadt gewählt wurde, der von den vergangenen Auseinandersetzungen unberührt war. Gleich als erstes Zeugnis dieses guten Einvernehmens wurde eine Idee Paul Kellers in die Tat umgesetzt, durch die Erschließung der Kaltmauern-Quellen ein weiteres Standbein für die Wasserversorgung der gemeinsamen Stadt zu schaffen. Aus dieser ersten Gemeinsamkeit entwickelte sich ein andauerndes, konstruktives Zusammenwirken in vielen kommunalen Angelegenheiten bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahre 1990. Nebenbei entstanden auch im privaten Bereich freundschaftliche Beziehungen zum neuen Bürgermeister, wie mit der Gründung eines privaten Kegelclubs.“
Beisetzung im Familienkreis
Paul Keller hat sich in vorbildlicher Weise für seine Heimatgemeinde engagiert, sie hat mit ihm eine außergewöhnliche Persönlichkeit verloren.
Die Trauerfeier mit Urnenbeisetzung findet nach dem Wunsch von Paul Keller im Familien- und Freundeskreis statt.