Das 150-jährige Jubiläumsjahr der Trachtenkapelle Nordrach klang am Samstagabend mit einem großartigen Doppelkonzert zusammen mit einem Holzensemble der Musikschule Zeno Peters und der Stadtkapelle Oberkirch aus. Melanie Junker, die erste Vorsitzende der Trachtenkapelle Nordrach, begrüßte die reichlich in die Pfarrkirche »St. Ulrich« geströmten Besucher – darunter auch den Ehrendirigenten Roland Weygold mit seiner Frau Regina – und führte später auch durch das Programm.






Drei Jungmusiker – Paula Welle an der Querflöte, Max Vollmer an der Trompete und Daymon Mottl am Schlagwerk – hatten dabei ihren ersten großen Auftritt und wurden sichtlich stolz zu Konzertbeginn den Besuchern vorgestellt. Die Musiker mit den beiden Dirigenten Annette Tafler und Zeno Peters freuten sich richtig auf diesen Konzertabend, so Melanie Junker – und diese Freude sprang mit dem ersten Musikstück bereits auf die Zuhörer über.
Mit der Overtüre »Music for the Royal Fireworks« – der Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel – zündete die Trachtenkapelle die erste musikalische Rakete des Abends. Diese entstand im Auftrag von König Georg II. als Festmusik zum Feuerwerk anlässlich des Aachener Friedens. Sie wurde am 27. April 1749 in London uraufgeführt und von Alfred Bösendorfer für Blaskapellen arrangiert.
Wechselspiel der beiden Kapellen
Es folgte durch die unterschiedlichen instrumentalen Besetzungen ein abwechslungsreiches Wechselspiel der beiden Kapellen, bei dem das Holzensemble mit dem Finale des Weihnachtsoratoriums von Camille Saint-Saëns – von der Orgelempore aus – sein erstes Musikstück, in beindruckender Perfektion, dem begeisterten Publikum zu Gehör brachte.
Zum Jubiläum hatten die Nordracher Musiker von der katholischen Frauengemeinschaft Noten des Musikstücks »Von guten Mächten« geschenkt bekommen. Martin Scharnagl arrangierte 2019 diese wunderbar klingende Version, des 1944 von Dietrich Bonhoeffer aus der Berliner Gestapo-Haft komponierten Musikstücks, welches von den Nordracher Musikern mit einem Dankeschön an die Spender gespielt und vom Publikum mit doppeltem Beifall honoriert wurde.
Mit »Little Sweet Bells« – einer modernen Fantasie über das bekannte Weihnachtslied »Süßer die Glocken nie klingen« folgte ein klanglich nicht weniger beeindruckendes Stück, was die musikalische Leitung der Trachtenkapelle Annette Tafler mit der Kapelle in den vergangenen Proben einstudiert hatte.
Brillante Instrumentalsolisten
»Es ist Zeit innezuhalten, Stille und Ruhe zu genießen. Es ist Zeit für die wichtigsten Menschen, die uns begleiten. Es ist Zeit für Worte und Gesten der Dankbarkeit. Es ist Zeit zurückzublicken und auf Erreichtes stolz zu sein. Es ist Zeit, Kraft zu tanken, für die Aufgaben, welche vor uns stehen.« Mit diesen Worten kündigte Melanie Junker die nächsten beiden Originalwerke »St. Florians Choral« von Thomas Doss und »Pisa« von Jacob de Haan an, die nun wieder von der Empore aus für das Publikum zu hören waren. Mit Oboe, Fagott, Baritonsaxofon und Bassklarinette bereicherten dabei unglaublich gute Instrumentalsolisten das Ensemble, die neben den klassischen mehrfachbesetzten Holzblasinstrumenten, Klarinette, Alt- und Tenor-Saxofon und Querflöte als brillante Instrumentalsolisten aus dem Ensemble hervorstachen.
»Run«, ein Lied der britischen Alternative-Rock-Band Snow Patrol wurde 2004 als zweite Single aus dem Album Final Straw veröffentlicht. 2008 coverte es die britische X-Factor-Gewinnerin Leona Lewis, die mit ihrer Version erfolgreicher war als das Original. Erwin Jahreis arrangierte die gecoverte Fassung der leidenschaftlichen Rockballade als Alt-Saxophon Solo, die beim Konzertabend von Oliver Vollmer – begleitet von der Trachtenkapelle Nordrach – mit »Gänsehaut-Feeling« vorgetragen wurde, so die Statements mehrerer Gratulanten nach dem Konzertabend an den Solisten und Pressewart der Kapelle.
Melanie Junker an der Klarinette und Gastmusiker Moritz Volk an der Oboe waren beim nächsten Stück der Trachtenkapelle mit solistischen Passagen gefordert und wechselten sich im Verlauf des Arrangements – mit der melodischen Führungsrolle – mit den vier Saxophonisten der Nordracher Musik ab. »Bright Eyes« von Simon & Garfunkel, eine zeitlose Rockballade von 1978, begeisterte dabei das Nordracher Publikum und die zahlreichen auswärtigen Konzertbesucher.
Friedenshymne »Dona Nobis Pacem«
Mit der Friedenshymne »Dona Nobis Pacem« waren nun wieder die Gäste an der Reihe und setzten damit neben dem musikalischen auch ein passendes politisches Statement, gefolgt von dem Originalwerk »Klezmerina« von Jan de Haan. Klezmer ist eigentlich ein Sammelsurium verschiedener Musikstile, wozu unter anderem Balkanklänge sowie orientalische Einflüsse und »Zigeunermusik« zählen. Das Holzensemble nahm das Publikum dabei auf eine großartige Reise durch den Orient mit. Zurück in Nordrach angekommen folgte ein von Zeno Peters selbst arrangiertes Weih nachtslieder-Potpourri mehrerer bekannter deutscher Weihnachtslieder.
Für das letzte Stück des Konzertabends waren nun wieder die Nordracher Musiker gefragt. »The Way Old Friends Do« (Wie es alte Freunde tun) ist ein Song der legendären schwedischen Popgruppe ABBA. Der Live-Mitschnitt von einem Konzert im Jahr 1979 in London wurde auf dem erfolgreichen Album »Super Trouper« (1980) veröffentlicht. Bei diesem Song standen die vier ABBA-Mitglieder ganz vorn an der Bühnenkante, um ihren Fans möglichst nahe zu sein. »The Way Old Friends Do« ist eine sehr emotionale Hymne an die Freundschaft – eine tiefe und aufrichtige Freundschaft, die auch Meinungsverschiedenheiten übersteht und ein Leben lang durch alle Höhen und Tiefen anhält. Martin Scharnagl arrangierte dieses berührende und kraftvolle Lied als mitreißende Pop- Ballade für Blasorchester welches den Konzertabend jedoch noch nicht abschließen sollte.
Mehrere Zugaben erklatscht
Die Zuhörer erklatschten sich mit Standing Ovations noch mehrere Zugaben. Das Weihnachtslied »O du fröhliche, o du selige« wurde von der Trachtenkapelle angestimmt. Die zweite Strophe übernahm das Holzensemble und die dritte Strophe wurde gemeinsam, in einem beeindruckenden Klangerlebnis, in der Pfarrkirche vom Altarraum und der Orgelempore gleichzeitig vorgetragen.
»Mary’s Boy Child« ein moderner Weihnachtsklassiker in einer witzigen Christmas Calypso-Fassung arrangiert von Kees Vlak sollte – so der Plan – den musikalischen Teil des Abends beschließen. Doch das Publikum konnte sich diesem Vorgehen nicht anschließen und so wurden die Konzertbesucher mit der dritten Zugabe »Tochter Zion« auf den anschließenden Glühweinhock im Bürgerpark gesendet.
Auch dort hatten die vielen Besucher die Kapelle überrascht und der bewirtende Gitarrenverein hatte alle Hände voll zu tun. Bei frostigen Temperaturen konnten sich die Gäste jedoch an holzbeheizten Bollerofen-Stehtischen aufwärmen und Glühwein und Bratwürste genießen.
Dank der örtlich zur Verfügung stehenden Fernwärme der Sägewerk Echtle KG und dem Pfarrei Team der SE-Zell konnten die Konzertgäste die musikalischen Darbietungen in einer gut temperierten Kirche genießen, was in der aktuellen Lage leider so nicht in jeder Gemeinde möglich ist.
»Ein Abend, bei dem ich mal richtig abschalten und die Seele baumeln lassen konnte«, so Bruno Herbrik, der nicht nur mit seiner Frau Christine den Konzertabend genoss, sondern dankenswerterweise auch für den ungeplanten Nachschub an Essen und Getränken für die mehr als 200 Gäste sorgte.