Im Rahmen einer Informationsveranstaltung des »Förderverein Schwimmbad Nordrach« sind am Freitag eine Menge Vorwürfe auf den Tisch gekommen. Der Verein fühlt sich nicht richtig über das Sanierungsprojekt »Freibad« informiert.
Am Freitagabend trafen sich fast dreißig Mitglieder des Fördervereins Schwimmbad in der Hansjakob-Halle in Nordrach. Die Vorstandschaft des Vereins informierte seine Mitglieder über den Stand der Schwimmbadsanierung. Diese Art der Information wurde bei der Gründungsversammlung von den Mitgliedern gewünscht. Dabei waren auch fünf Gemeinderäte und Kreisrat Clemens Späth.
Vorwürfe in Richtung Rathaus
Der Vorsitzende des Fördervereins Rolf Stiewe gab einen kurzen Rückblick, auf die Geschichte des Vereins. Er ist jung, erst am 1. Juli 2021 gegründet, und zählt aktuell 133 Mitglieder. Der Verein wurde gegründet, um an der Planung der Sanierung des Schwimmbads konstruktiv mitwirken zu können. Dazu sei es bisher nicht beziehungsweise nicht in zufriedenstellender Form gekommen, so der Vorwurf in Richtung Rathaus.
Stiewe berichtete, dass am 17. Mai 2021 in der Gemeinderatsitzung ein Planungsauftrag zu einem Honorar von 87.000 Euro für die Phasen 1 bis 3 an das Planungsbüro Ollmann aus Heilbronn vergeben wurde. In der Gemeinderatsitzung am 12. Juli 2021 wurde bekannt, dass die Planung vermutlich mehr als 214.000 Euro kosten wird und deshalb ein Vergabeverfahren durchgeführt werden muss. Des Weiteren fand am 5. August 2021 im Pfarrheim eine Besprechung mit dem Planungsbüro Ollmann, Bürgermeister Erhardt, dem Gemeinderat und der Schwimmbad-Kommission statt. Ollmann stellte einen Gesamtplan mit Kosten von fünf Millionen Euro vor, was auch in der Gemeinderatsitzung am 23. August 2021 bekanntgegeben wurde. In dieser Gemeinderatsitzung wurde der Beschluss gefasst, dass eine Teilsanierung von Becken und Technik mit Kosten von 2,5 Millionen Euro erfolgen soll. Unter der Bedingung, dass die beantragten Fördermittel von 750.000 Euro aus dem Tourismusinfrastruktur-Programm TIP bewilligt werden.
Der Bürgermeister habe mitgeteilt, dass die Gemeinde den Zuschussantrag rechtzeitig im September 2021 eingereicht habe. Das Vergabeverfahren werde aber nicht vor Frühjahr 2022 beendet sein.
Rolf Stiewe sagte dazu, »dass wir ehrlich gesagt nicht wissen, wo wir stehen. Wir wollen etwas tun, etwas bewegen, aber wir treten auf der Stelle«. Auf Nachfragen habe er bisher keine Pläne erhalten, was der Förderverein als Verzögerungstaktik sieht. Dadurch entstehe der Eindruck, dass die Gemeinde nicht voll hinter dem Projekt stehe.
Lebhafte Diskussion
In der anschließenden Diskussion war eine der ersten Fragen, warum Bürgermeister Carsten Erhardt nicht gekommen sei. Hierzu teilte Rolf Stiewe mit, dass Erhardt sich aus privaten Gründen entschuldigt habe und bat die Versammlung, dies zu akzeptieren.
Heftige Kritik wurde mehrfach laut. Der Vorwurf: Sitzungen des Gemeinderats würden in der Regel nicht öffentlich abgehalten und nichts dringe nach außen. Ebenfalls quer im Magen liegt wohl, dass die Gemeinde den Grundsatzbeschluss zur Sanierung des Schwimmbads davon abhängig gemacht hat, dass ein Zuschuss von 750.000 Euro bewilligt werde. Wie geht es weiter, wenn dieser nicht oder nicht in dieser Höhe kommt?
Jürgen Armbruster warf die Frage auf, ob die Gemeinderäte überhaupt an der Planung in ausreichendem Maße beteiligt gewesen seien. Der Bürgermeister erwecke in seinen Augen den Eindruck, die Fäden in der Hand behalten und bestimmen zu wollen, wie das Schwimmbad aussehen solle.
Oliver Vollmer war der Meinung, dass die Gemeinde zunächst hätte festlegen müssen, was sie will und vor allem, welche Kostenhöhe akzeptabel sei, anstatt mit einer Videoanimation eines nicht finanzierbaren Konzeptes zu blenden. Es sei nun dringend notwendig, die Rahmenbedingungen zu diskutieren und zu Papier zu bringen. Die Schwimmbadkommission habe den Zweck, das Projekt in gemeinsamer Arbeit zu entwickeln und nicht nur ein Alibi für die bereits getroffenen Entscheidungen zu sein. Wenn nicht alle Partner – Förderverein, DLRG und Gemeinde – an einem Strang zögen, sei das Projekt zum Scheitern verurteilt.
Nicht nur Baukosten
Gemeinderat Manuel Echtle teilte der Versammlung mit, dass die Mitglieder des Gemeinderats voll hinter der Sanierung des Schwimmbades stünden, nahm aber auch zu den kritischen Äußerungen Stellung. »Wir sind froh, dass es den Förderverein gibt.« Allerdings sei die Zeit schwieriger geworden, die Zuschusssätze gingen nach unten. Er plädierte dafür, nicht nur die Baukosten im Blick zu haben, sondern vor allem auch die jährlichen Betriebskosten. Er nannte Schapbach als Beispiel, wo der Förderverein das Bad selbst saniert habe und betreibe. Die Gemeinde gewähre einen jährlichen Zuschuss.
Soziale Komponente
Jürgen Armbruster warf hierzu die Frage auf, warum dann eine Wellenrutsche geplant wurde, die in einem separaten Becken münde und somit zusätzliches Personal erforderlich mache?
Rolf Stiewe gab zu bedenken, dass die Sanierungskosten auch etwas wert sein können. Zum einen sei das Schwimmbad eine touristische Attraktion, zum anderen dürfe man die soziale Komponente nicht außer Acht lassen. Das Bad sei ein Treffpunkt für Jung und Alt, für Neubürger, für Auswärtige, für Kinder und Jugendliche und trage somit zu einer lebendigen Gesellschaft bei.
Stiewe machte auch darauf aufmerksam, wie wichtig es sei, Schwimmkurse anzubieten: »Wir haben in Nordrach die Möglichkeit, Schwimmkurse anbieten zu können, dank Monika und Jürgen Armbruster, die dies seit vielen Jahren schon tun«.
An einem Strang ziehen
Annette Dürrholder, sie engagiert sich seit Jahren für das Schwimmbad, sagte, sie habe den Eindruck gewonnen, dass das Bad von der Gemeinde als Stiefkind behandelt werde. Die Gründung des Fördervereins sei von der Gemeinde nur initiiert worden, damit er bei der Schwimmbadpflege unterstütze.
Stefan Vollmer forderte alle Beteiligten zu einem echten Umdenken auf. Alle sollten künftig an einem Strang ziehen.
Eigene Ideen
Zum Ende der Infoveranstaltung war das Fazit von Rolf Stiewe, dass alle etwas mitnehmen könnten. Die anwesenden Gemeinderäte sollen die vorgetragenen Diskussionsbeiträge in den Gemeinderat einbringen. Des Weiteren bat er die Versammlungsteilnehmer mitzuwirken, in dem sie Ideen, Vorschläge, Kritikpunkte und andere Gedanken gerne den Vorstandsmitgliedern des Fördervereins telefonisch, per E-Mail oder in einem kurzen Gespräch mitteilen. »Wir sind dankbar für jede Unterstützung«, so Stiewe. Die Kernanliegen des Fördervereins seien, das Schwimmbad zu erhalten, die Sanierung kostengünstig, das heißt mit dem Budget von 2,5 Millionen
Euro durchzuführen, die Erfahrungen anderer Gemeinden zu nutzen und eigene Ideen einzubringen. Die Schwimmbad-Sanierung sei eine echte Chance für Nordrach und für die Bürgergemeinschaft.
Rolf Stiewe bezeichnete das Ergebnis des rund zweistündigen Infoabends als gut und erhielt dafür den Beifall der anwesenden Mitglieder.
Bürgermeister Erhardt nimmt Stellung zu den Vorwürfen:
»Der Verein ist lückenlos informiert«
Nordrachs Bürgermeister Carsten Erhardt zeigte sich »sehr enttäuscht« ob der vorgebrachten Kritik, die ihn über Teilnehmer an der Sitzung erreichten. Gerne wäre er zur Informationsveranstaltung gekommen, hätte Rede und Antwort gestanden, aber »der Termin war nicht mit mir abgestimmt.« Er habe Rolf Stiewe umgehend darüber informiert, doch ein Ersatztermin wurde nicht in Erwägung gezogen.
Die Vorwürfe, die Gemeinde habe den Förderverein nicht eingebunden, kann Erhardt überhaupt nicht verstehen. Die Gemeinde habe den Verein über den Vorstand stets umgehend informiert und eingebunden, wo es möglich gewesen sei. Wie das Bad schlussendlich im Detail aussehen werde, stehe noch lange nicht fest. Im August habe die Schwimmbad-Kommission darüber beraten, was das Bad mindestens und maximal »können« soll. Jede Altersgruppe solle sich entsprechend wiederfinden. »Ich kritisiere niemanden, der Fragen stellt«, sagt Erhardt. »Dass der Vorstand jetzt sagt, er habe keine Informationen, ist für mich unverständlich und ein grobes Foulspiel.« Er könne den Informationsfluss lückenlos belegen. »Rolf Stiewe hat mir nie mitgeteilt, dass er sich nicht informiert fühlt«, wundert sich Erhardt.
Vor allem der Vorwurf, die Gemeinde würde das Projekt absichtlich verzögern und nicht voll dahinter stehen, habe ihn hart getroffen. Vom Grundsatzbeschluss zur Sanierung bis zum Einreichen der Zuschussanträge beim Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg seien nur wenige Monate vergangen. Zeitraffer-Geschwindigkeit für ein Projekt dieser Größenordnung. »Es ist jeder Schritt öffentlich diskutiert worden. Wir haben keinen einzigen Tag verschenkt und unter Hochdruck an dem Ziel gearbeitet. Sogar der Familienurlaub viel zum Opfer«, versichert der Bürgermeister. Jetzt müsse man leider Fristen bis Mai 2022 einhalten. Dann werde höchstwahrscheinlich der Bescheid über den Zuschuss-Antrag eingegangen sein und das Ergebnis des VGV-Verfahrens, mit dem wegen des zu erwartenden Architekten-Honorars von mehr als 214.000 Euro das Planungsbüro gesucht werden muss, vorliegen.
»Momentan ist es noch realistisch, wenn auch sehr ambitioniert, dass das Bad 2023 wieder öffnet«, sagt Erhardt. Und er bekräftigt: »Unser Ziel ist es, das Bad zu sanieren. Dafür gab es eine riesengroße Mehrheit im Gemeinderat.« Und weiter: »Für die Planung entscheidend ist die Schwimmbadsanierungs-Kommission.«
Wie ernst ihm das sei, zeige nicht zuletzt, dass durch intensive Kontakte der Deckel des angestrebten Zuschusses aus dem Tourismusinfrastruktur-Programm von 750.000 Euro auf 1,05 Millionen aufgebohrt habe werden können. Eine Größenordnung, in der die Förderung im Plenum des Landtags diskutiert werden wird.
Chronik des Projekts »Schwimmbad-Sanierung«
19. April 2021: Gemeinderatssitzung zum Thema; Ankündigung der Junker-Spende von einer Million Euro für die Sanierung und den Betrieb des Schwimmbads; Aufruf zur Gründung eines Fördervereins
17. Mai 2021: Gemeinderat vergibt Planungsleistungen für die Schwimmbad-Sanierung
1. Juni 2021: Gründung des Fördervereins
Juni bis August 2021: Datenerhebung zum Sanierungsprojekt; Klärung der Fördersituation
2. August 2021: Finales Gespräch zur Förderung mit dem Regierungspräsidium Freiburg; Festlegung auf TIP-Programm (ca. 30 Prozent Förderung, maximal 750.000 Euro)
5. August 2021: Sitzung der Schwimmbad-Kommission; Vorstellung der Fördersituation, aktueller Pläne, Details über weiteren Ablauf; Beschluss zum Förderantrag
20. September 2021: Entwurf des Förderantrags wurde erstellt und an Rolf Stiewe gesendet
27. September 2021: Förderantrag wird fristgerecht gestellt
11. Oktober 2021: Sachstand wird im Gemeinderat vorgestellt
12. Oktober 2021: Kostendeckel wird erhöht
23. September und 18. Oktober 2021: Bürgermeister und Förderverein sprechen über Ablauf des VGV-Verfahrens und des Förderantrags
22. Oktober 2021: Infoveranstaltung des Fördervereins