Am 13. und 14. Mai 2000 feierten die elsässische Gemeinde Niedernai und die badische Gemeinde Nordrach ihre Verbrüderung in Nordrach mit einem außergewöhnlichen Volksfest. Am 17. September 2000 folgte die nicht weniger stimmungsvolle Feier in Niedernai.
Der Partnerschaftsfeier ging eine lange Zeit der Suche nach einer geeigneten Partnergemeinde voraus. Den entscheidenden Hinweis auf Niedernai erhielt der damalige Bürgermeister Herbert Vollmer von Infobest, der Informations- und Beratungsstelle für grenzüberschreitende Fragen am Oberrhein mit Sitz in Kehl. Im November 1997 trafen sich die beiden Bürgermeister in Niedernai, im folgenden Frühjahr in Nordrach. Die Gemeinderäte der beiden Orte besuchten sich gegenseitig und bekundeten jeweils großes Interesse an einer Partnerschaft. Bereits ab dem Jahr 1998 wurden erste Begegnungen der Vereine und der beiden Grundschulen organisiert, die im folgenden Jahr noch intensiviert wurden. Alle Begegnungen verliefen sehr freundschaftlich, ja sogar herzlich. Beide Gemeinderäte beschlossen im Jahre 1999 jeweils einstimmig, die inzwischen engen Beziehungen mit einer offiziellen Partnerschaft zu krönen.
Rendevouz beim Dorfhock
Zur Partnerschaftsfeier am Festwochenende 13. und 14. Mai 2000 in Nordrach hatte die Gemeinde mit Vereinen und Firmen zusammen ein außergewöhnliches Fest geplant und organisiert. Am Samstagabend bewirteten zahlreiche Vereine die Gäste auf dem Festgelände beim »Dorfhock«. Am Sonntagmorgen strahlte die Sonne vom wolkenlosen, blauen Himmel. Die Nordracher hatten ihre Häuser mit Gemeindefahnen geschmückt. Vor dem Rathaus und der Hansjakob-Halle hingen die Gemeindefahnen von Niedernai und Nordrach. Aus Niedernai kamen vier vollbesetzte Busse und brachten die erwartungsvollen Elsässer, viele zum ersten Mal, in ihre künftige Partnergemeinde Nordrach.
Gottesdienst, Festakt und buntes Treiben
Die Feierlichkeiten begannen mit einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche. Pfarradministrator Pater Norbert Schlenker feierte den Gottesdienst zusammen mit dem Diakon aus Niedernai, in deutscher und französischer Sprache.
Der offizielle Festakt fand anschließend in der Hansjakob-Halle statt, die bis auf den letzten Platz besetzt war. Nach den Ansprachen der beiden Bürgermeister unterschrieben diese in einer feierlichen Zeremonie die Partnerschaftsurkunde. Landrat Günter Fehringer und Staatssekretär a. D. Robert Ruder hoben in ihren Grußworten hervor, wie wichtig solche Partnerschaften nach der jahrhundertelangen Feindschaft zwischen den beiden Völkern seien und gratulierten den beiden Gemeinden. Die Trachtenkapelle Nordrach spielte das »Badner Lied« und der Männerchor Nordrach sorgte mit einem »europäischen Wahnsinnschor« für beste Unterhaltung. Die Schulkinder aus Niedernai hatten sich gut vorbereitet und trugen Lieder in deutscher und französischer Sprache vor.
Das Rahmenprogramm ließ keine Wünsche offen. Alle Nordracher Vereine und zahlreiche Nordracher Firmen beteiligten sich. Der Ortskern war ein einziger Festplatz. Festbude reihte sich an Festbude, die Spezialitäten aus der heimischen Landwirtschaft anboten. Zahlreiche traditionelle handwerkliche Berufe wurden dargestellt. Auf dem Festplatz hinter der Kirche präsentierten sich Nordracher Firmen. Auf dem Schulhof betreuten DRK und Grundschule die Kinder mit Hopsburg, Schminkservice und verschiedenen Spielen. Der Luftschutzkeller war mit mehreren hundert Kerzen erleuchtet und zur Besichtigung freigegeben. Der Kirchturm konnte bestiegen werden, von wo man einen wunderschönen Blick auf das bunte Treiben hatte. Die »Nordracher Spiellit« zogen über den Festplatz und sangen Volkslieder.
Symbolträchtig
An beiden Ortseingängen, Dorf und Kolonie, wurde jeweils eine Partnerschaftstafel enthüllt. Ein weiterer Höhepunkt war der »traditionelle Nordracher Hochzeitszug«, der mit zahlreichen Trachtenträgerinnen und -trägern von der Maile-Gießler-Mühle zum Festplatz zog. An seinem Weg standen die Besucher dicht gedrängt und sparten nicht mit Beifall. Ehrenbürger Kurt Spitzmüller spendete einen Gingko-Baum, bekannt als »Freundschaftsbaum«, und pflanzte ihn zusammen mit den beiden Bürgermeistern in die Anlage zwischen den beiden Kriegerdenkmälern.
Der Landtagsabgeordnete Robert Ruder fand besonders beachtlich, dass so viele Einwohner aus Niedernai, Nordrach und Umgebung gekommen waren, um die Partnerschaft mitzufeiern. Es war ein Freudenfest für alle, nichts trübte die Festtagsstimmung. Daran hatte auch das herrliche Frühlingswetter seinen Anteil.
Nachtrag
Der Niedernaier Bürgermeister Claude Ruscher trat bei der Kommunalwahl 2001 nicht mehr an. Sein Nachfolger Bürgermeister Patrick Douniau ernannte Claude Ruscher und Herbert Vollmer im Jahre 2007 wegen ihrer Verdienste um die Gründung der Partnerschaft zu Ehrenbürgern der Gemeinde Niedernai. Diese Ehrung hatte bisher noch niemand in Niedernai erhalten. Claude Ruscher erhielt von der Gemeinde Nordrach bereits beim Neujahrsempfang 2002 eine hohe Auszeichnung verliehen, die Bürgermedaille.
Im Jahr 2017 gründeten zwölf Einwohner von Nordrach den »Freundeskreis Niedernai/Nordrach«, dessen Aufgabe die Förderung der Völkerverständigung durch die Pflege einer lebendigen Partnerschaft zwischen den Gemeinden Niedernai und Nordrach ist. Derzeit hat der Verein siebzehn Mitglieder, darunter vier aus Niedernai.
Die Gemeinden Nordrach und Niedernai hatten geplant, am 22. Mai 2020 das 20-jährige Jubiläum der Partnerschaft gemeinsam im Theater Eurodistrict Baden-Alsace an der Pierre-Pflimlin-Brücke zu feiern. Wegen der Corona-Pandemie musste diese Feier abgesagt werden.






