Der Gemeinderat hat in seiner öffentlichen Sitzung am Montag beschlossen, das letzte Darlehen im Kernhaushalt in Höhe von 138.020 Euro abzulösen. Damit ist die Gemeinde Nordrach Ende Januar schuldenfrei. Dennoch hielt sich die Euphorie darüber in Grenzen. Bürgermeister Carsten Erhardt sprach von einer »Randnotiz«, Rechnungsamtsleiter Nicolas Isenmann von einer »schönen Momentaufnahme«. Verläuft das Haushaltsjahr 2020 planmäßig, hat die Gemeinde Ende des Jahres wieder 500.000 Euro Schulden.
Im Mittelpunkt der Gemeinderatssitzung stand die Verabschiedung der Haushaltssatzung. Bereits am 29. November hatte sich das Ratsgremium in einer Klausurtagung mit dem Zahlenwerk befasst. »Ein Haushaltsausgleich ist im Jahr 2020 nicht möglich«, informierte Rechnungsamtsleiter Nicolas Isenmann. Im Ergebnishaushalt stehen den Einnahmen von 5.000.020 Euro Ausgaben in Höhe von 5.559.170 Euro gegenüber. Ein Minus von 559.150 Euro. Mit dem Verkauf von Grundstücken sollen 200.000 Euro erlöst werden, so dass sich das Minus im Ergebnishaushalt auf 359.150 Euro reduziert.
Auch im Finanzhaushalt der Gemeinde sind die Auszahlungen mit 6,52 Millionen Euro höher als die Einzahlungen mit 6,09 Millionen Euro. Die geplanten Investitionen belaufen sich auf 1,36 Millionen Euro. Wird alles umgesetzt wie geplant, muss die Gemeinde 500.000 Euro neue Schulden machen. Damit liege Nordrach immer noch deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Gemeinden, stellte Bürgermeister Carsten Erhardt fest.
Vorerst keine Steuererhöhungen
Die aktuelle Finanzlage sei kein Horrorszenario, dürfe aber auch kein Dauerzustand werden, betonte Rechnungsamtsleiter Isenmann. Man komme von einer konstant guten Finanzsituation. Nach dem Jahr 2018 mit überdurchschnittlichen Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 2,2 Millionen Euro müsse die Gemeinde nun geringere Zuweisungen und höhere Umlagen verkraften. Alleine die FAG- und die Kreisumlage erhöhen sich um fast 300.000 Euro. Die Transferumlagen summieren sich insgesamt auf 2,158 Millionen Euro und machen fast 39 Prozent der Aufwendungen im Ergebnishaushalt aus. Weitere 27 Prozent sind Personalkosten (1,5 Millionen Euro), 19 Prozent Sach- und Dienstleistungskosten (1,09 Millionen Euro) und knapp 10 Prozent entfallen auf Abschreibungen (537.330 Euro).
Größter Einnahmeposten im Ergebnishaushalt ist der Einkommensteueranteil mit 1,08 Millionen Euro. Dieser Betrag ist nahezu konstant. Bei der Gewerbesteuer rechnet die Gemeinde mit 800.000 Euro. Die Grundsteuer A und B addieren sich auf knapp 300.000 Euro. Ebenso hoch ist der Umsatzsteueranteil. Die Hundesteuer soll 11.840 Euro in die Kasse bringen und der Familienleistungsausgleich 82.210 Euro.
Obwohl der Ergebnishaushalt 2020 nicht ausgeglichen werden kann, verzichtet die Gemeinde zunächst darauf, an der Steuerschraube zu drehen. Die letzten Steuererhöhungen liegen zehn Jahre zurück. Mehr noch. Aufgrund der guten Lage wurden die Grundsteuer A und B im Jahr 2013 um jeweils 20 Hebesatzpunkte gesenkt. Auch bei den Gebühren für Wasser, Schmutzwasser, Niederschlag und Friedhof sind bis 2021 keine Änderungen zu erwarten.
Wasserversorgung und Ortsmitte
Das Volumen des Finanzhaushaltes beläuft sich auf 6,09 Millionen Euro. Die Einzahlungen entfallen mit 4,7 Millionen auf die laufende Verwaltungstätigkeit, 848.000 Euro auf Zuschüsse, Beiträge und Grundstücksverkäufe sowie 500.000 Euro auf die geplante Kreditaufnahme.
Die Auszahlungen für Baumaßnahmen addieren sich auf 1,1 Millionen Euro. Davon entfallen 500.000 Euro auf die Sanierung der Ortsmitte, die nun anläuft. Zweiter Schwerpunkt ist die Wasserversorgung. Der Neubau des Hochbehälters Helgenbühl kostet 343.000 Euro, die Elektrosanierung des Pumpwerks Grafenberg 90.000 Euro, die Pumpeinheit Hochbehälter Huberhof 10.000 Euro und der Quellsammelschacht Kolonie 88.000 Euro. In die Neuanlage des Spielplatzes Grafenberg investiert die Gemeinde 25.000 Euro. Für die Sanierung der Brücke Ostermann sind 50.000 Euro im Haushaltsplan eingestellt.
Die liquiden Mittel der Gemeinde sinken von 1,15 Millionen Euro am Jahresanfang auf 721.280 Euro Ende 2020. Den Einzahlungen von 6,09 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 6,52 Millionen Euro gegenüber.
Die Infrastruktur der Gemeinde verbessert
Nordrach habe die letzten Jahre dazu genutzt, die Infrastruktur zu verbessern, betont Bürgermeister Erhardt. Die Verbesserungen in der Wasserversorgung und der Breitbandausbau seien Zukunftsinvestitionen. Auch viele kleine Aufgaben wurden erledigt. Dennoch müsse man in Zukunft die Ausgaben noch kritischer unter die Lupe nehmen. Man hoffe auf weitere gute wirtschaftliche Jahre. Dass die Gemeinde Ende Januar schuldenfrei ist, sei eine Randnotiz, denn es warten neue, große Aufgaben auf die Gemeinde. Aber auch hier handle es sich »um gut angelegtes Geld«.
Kritisch äußerte sich Gemeinderat Markus Bendler zur Tatsache, dass die Gemeinde nun schuldenfrei wird. Dies sei vor allem dadurch möglich, weil man »nicht viel gemacht hat«. Mit dem Schwimmbad, der Schule, dem Pfarrheim, den
Straßen und Bachmauern seien viele Aufgaben unerledigt. Unzufrieden zeigte sich Bendler mit den bei der Klausurtagung erörterten Themen. Grundsätzlich mahnte er eine größere Haushaltsdisziplin an. Bei derAbstimmung enthielt sich Markus Bendler der Stimme.
Mit seiner Kritik stieß Bendler allerdings auf die Widerrede von Bürgermeister Erhardt. Man habe große Projekte vorangebracht. Auch das Straßennetz sei nicht kaputt. Aber auch Erhardt bestätigte, dass die Gemeinde mit Schwimmbad, Schule und Pfarrheim genügend Baustellen habe. Letztlich habe die Gemeinde aber gut gewirtschaftet und die Vorgaben der Klausurtagung in einen beschlussreifen Haushaltsentwurf eingearbeitet. Bei einer Enthaltung stimmte der Gemeinderat dem Haushaltsplan 2020 mit breiter Mehrheit zu.
Eigenbetrieb Nahwärme
Der Eigenbetrieb Nahwärme der Gemeinde köchelt auf konstanter Flamme. Der Plan sieht einen Verkauf von 71500 Wärmeeinheiten vor. Unterm Strich soll es einen Gewinn von 6540 Euro geben. Allerdings steht in den Büchern noch ein Finanzierungsfehlbetrag aus den Vorjahren von rund 173.000 Euro. Im Gegensatz zum Kernhaushalt hat der Eigenbetrieb noch Schulden. Diese sollen bis Ende 2020 auf 74.060 Euro sinken. Daraus errechnet sich bezogen auf 1847 Nordracher eine Pro-Kopf-Verschuldung von 40 Euro. Seit der Eigenbetrieb die Wärme vom Sägewerk Echtle bezieht, läuft der Betrieb konstant. »Wir sind auf einem guten Weg«, kommentierte Rechnungsamtsleiter Isenmann. Der Gemeinderat verabschiedete den Wirtschaftsplan 2020 einstimmig.
Gute Liquidität vorhanden
In einem separaten Beschluss befürwortete der Gemeinderat einstimmig die von der Verwaltung vorgeschlagene Ablösung des Darlehens im Kernhaushalt. Die Zinsbindung endet am 31. Januar 2020. Der Zinssatz betrug 3,53 Prozent. Die Gemeinde nutzt die vorhandene gute Liquidität zur Ablösung und wird damit schuldenfrei. Dies sei eine sinnvolle Entscheidung, stellte Bürgermeister Erhardt fest. Neue Darlehen erhalte die Gemeinde zu deutlich besseren Konditionen. Außerdem müsse man sich nach dem Abbau der Liquidität weniger Gedanken über die Bezahlung von Negativzinsen machen.