Am Mittwochnachmittag trafen sich rund dreißig Wanderer auf dem Kirchplatz von Nordrach, um an der von Josef Laifer geführten Moospfaff-Wanderung zum Haashof teilzunehmen. Die Wanderung war eine der insgesamt dreizehn Veranstaltungen, die im Monat Oktober in Nordrach der Sagengestalt «Moospfaff« gewidmet sind.
Starker Regen war angekündigt, dies hielt aber rund dreißig Wanderer nicht ab, an der Moosbach-Wanderung teilzunehmen. Josef Laifer führte die Wanderer zunächst zum Ernsbachtal und dann weiter am Kuttelrainhof vorbei bis zum Hirzenberghof und über den hinteren Ernsbach zur Störgeishütte Nordrach. Unterwegs gab Laifer immer wieder Hinweise zu Land und Leuten. So erfuhren die Wanderer auch, dass die Bezeichnung Störgeis kein Ausdruck für eine störrische Geiß sei. Stör sei eine alte Bezeichnung für die Arbeit eines Handwerkers im Haus des Kunden. Handwerker, die dies taten, hießen Störgeher oder Störr. Geis(s) sei ein alter Name für eine Stelle, an der die Landschaft einen Sattel abbilde, wie zum Beispiel auch der Geisschleifsattel beim Moosturm.
Der angekündigte Regen setzte erst ein, als die Wanderer bereits am Haashof im Gewann Kohlberg ankamen. Hier hieß sie die Bäuerin Antonia Haas mit einem »Moospfafflikör« willkommen, hergestellt aus Waldheidelbeeren unter Zugabe von Himbeeren und Brombeeren, sehr lecker! Zum Kaffee wurde – natürlich – eine »Moospfaff-Torte« gereicht. Ihre notwendigen Zutaten: Waldheidelbeeren, Pistazien und Moospfaffkugeln von ChocoL. Zum Verdauen stand dann eine große Palette von selbst hergestellten Likören und Schnäpsen zur Verfügung.
Plötzlich stand Michaela Neuberger alias »Bäuerin Zetzel« unter der Tür. Sie sei gekommen, um Eier bei Antonia zu kaufen, verriet sie, ein Eierlikör tat es dann auch. Die »Zetzel« berichtete, warum im Moosgebiet der »Moospaffgeist« sein Unwesen treiben muss: Der Abt des Klosters Gengenbach war einst vor das Waldgericht geladen, denn es sollte vor Ort über Nutzungsrechte und Waldgrenzen verhandelt werden. Diesmal ging es um ein besonders schönes Stück Wald, das der Abt unbedingt für sein Kloster haben wollte. Vor dem Gerichtstermin hatte der Abt in seine Stiefel Gengenbacher Klostererde gelegt und konnte deshalb den Eid ablegen, »ich schwöre vor Gott, dem Allwissenden, dass ich auf Grund und Boden des Gengenbacher Klosters stehe«. Das Gericht sprach daraufhin dem Gengenbacher Kloster das umstrittene Waldstück zu. Der Abt aber wurde nach seinem Tod dazu verdammt, als ruheloser Geist auf der Moos umherzuziehen. »Bis heute noch könne man sein hämisches Lachen hören, wenn er nächtliche Wanderer in die Irre führt«, warnte die »Zetzel«. Sie beschrieb den Moospfaff als großen, schwarz gekleideten Mann, mit einem schwarzen Hut, der aber kein Gesicht habe, stattdessen blicke man nur in ein dunkles und schwarzes Loch«. Sie riet der Wandergruppe dringend, vor dem »Betzittlitte« nach Hause zu gehen. Sie belegte dies mit mehreren Vorkommnissen, bei denen Wanderer in der Dunkelheit irregeleitet worden seien, so dass sie, obwohl die ganze Nacht unterwegs, morgens wieder am selben Ort angekommen seien. Die »Zetzel« riet auch, einen Rosenkranz mitzunehmen und zeigte ihren eigenen, »der allerdings schon ganz verbetet sei«.
Die Wanderer bewährten sich auch als ausgezeichnete Sänger von Volksliedern. Antonia Haas begleitete sie auf ihrem diatonischen Knopfgriffakkordeon. Als zum Schluss alle das Danklied »Ciao Antonia, wir müssen geh’n, ciao Antonio, heut war es schön« sangen, war es höchste Zeit. Noch im Wald unterwegs, hörten die Wanderer das »Betzittlitte« der Nordracher Dorfkirche. Glücklicherweise ließ sich der Moospfaff aber nicht blicken und die Wanderer gelangten wohlbehalten zum Kirchplatz zurück, voll des Lobes über einen in jeder Beziehung sagenhaften Wandertag.