In seiner Funktion als Vorsitzender des Altenwerks überbrachte Herbert Vollmer einen offenen Brief an die Gemeinde, in dem er sich über die Schließung der Sparkassen-Filiale in Nordrach »schockiert« zeigt. Gleichzeitig forderte er von der Gemeindeverwaltung und vom Gemeinderat eine massive Gegenwehr, um die Schließung doch noch abzuwenden.
Herbert Vollmer nutzte die Bürgerfrageviertelstunde der Gemeinderatssitzung, um die Stellungnahme des Altenwerks öffentlich zu übergeben. Gleichzeitig bedauerte er, dass es nach der Bekanntgabe keine öffentliche Reaktion seitens der Gemeinde und des Gemeinderats gegeben habe. Nicht nur für die Senioren sondern für alle Nordracher sei die Schließung der Sparkasse eine Zäsur.
Bürgermeister Carsten Erhardt bestätigte, dass die geplante Schließung der Sparkassen-Filiale »ein trauriges Thema« sei und dies »die Infrastruktur der Gemeinde schwächt«. Erhardt wehrte sich aber gegen die Vorwürfe Vollmers, dass sich die Gemeinde nicht positioniert habe. Es habe im Vorfeld viele Gespräche gegeben. Die Entscheidung sei letztlich in den Sparkassen-Aufsichtsgremien mehrheitlich gefallen – es gab Gegenstimmen. Letztlich müsse man auch als Gemeinde die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen eines Unternehmens akzeptieren. Hinzu komme das geänderte Nutzungsverhalten der Bevölkerung. Nun sei die Gemeinde mit der Sparkasse und der Volksbank im Gespräch, dass zumindest der Geldautomat in der Gemeinde bestehen bleibe.
Widerspruch erhielt Altenwerks-Vorsitzender Vollmer auch von Gemeinderat Ansgar Horsthemke. Der Gemeinderat habe Stellung bezogen und lasse sich nicht nachsagen, sich gegen die angekündigte Schließung der Sparkassen-Filiale nicht gewehrt zu haben.
Offener Brief
»Sehr geehrter Herr Bürgermeister Carsten Erhardt, Sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte, die Sparkasse Haslach-Zell hat in der Presse am 2. Dezember 2016 bekanntgegeben, dass ihre Niederlassungen in Nordrach, Oberharmersbach und Gutach im Laufe des Jahres 2017 geschlossen werden. Danach gäbe es in Nordrach noch einen mit der Volksbank gemeinsam betriebenen Geldausgabeautomaten. Seither sind fast zwei Monate vergangen. Eine öffentliche Reaktion der Gemeinde Nordrach auf diese Schließungspläne gab es bisher nicht. Haben Sie sich damit bereits abgefunden?
Die Schließung der Niederlassung Nordrach hat zur Folge, dass alle Nordracher ihre Finanzangelegenheiten in Zell erledigen müssten. Wer über kein Online-Banking verfügt, und das ist vor allem die ältere Generation, müsste künftig Überweisungen und Daueraufträge in dem Beratungscenter in Zell bearbeiten lassen. Firmen, die bisher ihre Bareinnahmen in der Nordracher Geschäftsstelle am Automat einzahlen konnten, müssten das Bargeld in Zell einzahlen. ln Oberharmersbach – warum nur dort? – soll wenigstens noch die SB-Technik in den alten Räumen weiterbetrieben werden und nach Vereinbarung können dort auch weiterhin Beratungsgespräche stattfinden.
Die Sparkasse sagt über sich: »Die Sparkasse Haslach-Zell ist wichtig für die Menschen in der Region. Als öffentlich-rechtliches Institut ist sie dem Gemeinwohl verpflichtet. Mit einem Marktanteil von über 59% ist sie der wichtigste Finanzdienstleister und mit 10 Filialen und SB Einrichtungen direkt in Ihrer Nähe«.
Online-Banking und SB-Technik haben sicherlich das Kundenverhalten stark beeinflusst und die Sparkasse hat mit eingeschränkten Öffnungszeiten in Nordrach bereits darauf reagiert. Aber eine Schließung und Beseitigung der gesamten SB-Technik bis auf einen Geldautomaten ist mit ihrer eigenen Aussage nicht vereinbar und zumindest zum jetzigen Zeitpunkt eine total überzogene Reaktion.
Die Entscheidung über die Schließung von Niederlassungen wird im Verwaltungsrat der Sparkasse beschlossen. ln ihm sind neben Mitarbeitern und Leuten aus der Wirtschaft zahlreiche Bürgermeister vertreten, auch der Nordracher Bürgermeister. Was haben Sie, Herr Erhardt, als Verwaltungsratsmitglied unternommen, um die Schließung unserer Geschäftsstelle zu verhindern? Gegen die Stimmen der zahlreichen Bürgermeister wäre dieser Beschluss kaum möglich gewesen.
Es wird nicht verkannt, dass die Sparkasse Haslach-Zell, wie alle Sparkassen und Banken, in der jetzigen Niedrigzinsphase schwierige Bedingungen verkraften muss. Die Sparkasse hat bereits mit drastisch gestiegenen Gebühren reagiert. Die Schließung der Niederlassungen aber wäre endgültig, auch wenn wirtschaftliche Rahmenbedingungen wieder günstiger werden. Wir meinen, dass die Gewinne einer Sparkasse in solcher Zeit auch einmal niedriger ausfallen dürfen und Gemeinden gut beraten sind, nicht nur auf die Gewerbesteuer zu schielen, die die Sparkasse in der Vergangenheit reichlich gezahlt hat.
Ich habe mich in Gutach erkundigt um zu erfahren, wie der dortige Gemeinderat und der Bürgermeister reagiert haben. Es gab heftigen Unmut im Gemeinderat und Gemeinderat Peter Wälde sagte wörtlich, er finde es schäbig, wie sich die Sparkasse vom Acker macht!« Bürgermeister Siegfried Eckert hat sich mit Nachdruck für die Erhaltung der Geschäftsstelle eingesetzt und ein rollierendes System in der Besetzung der Filialen vorgeschlagen.
Die Schließung der Geschäftsstelle ist nicht alternativlos. Das Altenwerk Nordrach bittet den Gemeinderat, sich ebenfalls mit Nachdruck für den Erhalt der Sparkassen-Geschäftsstelle Nordrach einzusetzen und dieses Thema zeitnah in einer Gemeinderatssitzung zu behandeln. Man sollte dazu die beiden Vorstände einladen, die aktuellen Zahlen für die Geschäftsstelle Nordrach anfordern und auch das Einsparpotential in Erfahrung bringen, das die Sparkasse bei einer Schließung erwartet. Wir fordern die Gemeindeverwaltung auf, mit der Sparkasse rasch über Alternativen zur Schließung zu sprechen, z. B. ob bei einer weiteren Reduzierung der Öffnungszeiten oder bei einer Besetzung im rollierenden System die Niederlassung weiterbetrieben werden könnte. Auch wäre eine Option, eine gemeinsame Geschäftsstelle von Sparkasse und Volksbank einzurichten. Hilfreich wäre sicherlich, sich mit Gutach abzusprechen.
Dies ist die Meinung des Vorstands des Altenwerks Nordrach. Wir sind aber sicher, dass ein Großteil unserer Bevölkerung ebenso denkt und von Bürgermeister und Gemeinderat erwartet, dass sie sich dieses Problems unverzüglich annehmen, bevor es zu spät ist. Zukunftsfähigkeit ist ein Lieblingswort unseres Bürgermeisters. Ohne Finanzdienstleister im Ort würde ein wichtiger Eckpfeiler dieser Zukunftsfähigkeit wegbrechen.«