Atemberaubende Solisten, dezente Lichteffekte und lautstarke Überraschungsgäste erwarteten die Besucher des Frühjahrskonzerts des Blasorchesters Biberach. Die Musiker nahmen sie mit auf eine Reise um die Welt.
»Wir sind ausverkauft«, freute sich Franz Mäntele, Vorsitzender des Blasorchester Biberach am Samstag. 440 Besucher waren demnach der Einladung der Musiker zum Frühjahrskonzert gefolgt. Sie sollten nicht enttäuscht werden. Die 65 Musiker hatten unter der Leitung von Axel Berger wieder ein abwechslungsreiches, komplett neues Programm mit einigen Überraschungen vorbereitet. Es führte in diesem Jahr »Einmal um die Welt«. Das gesamte Notenmaterial wurde wieder von Gönnern gespendet.
»Orchester haben keinen eigenen Klang. Den macht der Dirigent«, eröffnete Franz Mäntele den Abend und hieß den Dirigenten Axel Berger willkommen. Seit 2015 leitet Berger die Biberacher Musiker und hat es seitdem geschafft, mit ihnen stets ein außerordentliches Frühjahrskonzert auf die Beine zu stellen, bei dem den Akteuren die Spielfreude deutlich anzumerken ist.
Reisen ans und auf dem Wasser
Schweden war der erste Halt der musikalischen Reise. Genauer gesagt Stockholm, wo in den 1990er Jahren regelmäßig ein großes Fest, das Stockholm Water Festival, stattgefunden hat. Luigi di Ghisallo vertonte es in einer symphonischen Rock-Overtüre. Sie war wie Wasser – in manchen Passagen spritzig, in anderen sanft fließend. Ein Eindruck, für den nicht zuletzt die mal mehr, mal weniger präsente Percussion-Abteilung verantwortlich war.
Zahlreiche Triller ließen vor dem inneren Auge Springbrunnen aufleben, das bunte Treiben im Vergnügungspark Tivoli wurde wie die Wachablösung vor dem Palast ebenfalls musikbildlich umgesetzt. Ein gelungener Einstieg.
Weiter ging es mit einer Fantasie, der großen Seefahrt 1492 von Pavel Stanek. Das Orchester nahm die Zuhörer mit auf die Reise von Christoph Kolumbus, auf der er Amerika entdecken sollte. Das Gebet vor der Abfahrt, die gemächliche Fahrt bei einer sanften Brise, die Flaute, der mächtige Sturm und die glückliche Ankunft – all das war rund 12 Minuten des musikalischen Abenteuers auf hoher See zu hören.
Kalte Füße und Sonnenbrand
Zur Anmoderation des nächsten Titels kam das bewährte Moderatoren-Duo Alexander Herde und Samira Jilg in Gummistiefeln auf die Bühne. Ein Blick ins Programm verriet, wieso: Der nächste Stopp der Reise war Schottland. Für das Stück »Highland Cathedral« hatte sich das Blasorchester Verstärkung im Ortsteil Prinzbach geholt. Was authentisch schottisch klang, ist nicht so alt, wie man vermuten mag (1982) und stammt überraschenderweise aus der Feder von zwei Deutschen, Michael Korb und Uli Roever. Doch egal, wer es wann geschrieben hat: Die Prinzbach Highlanders unterstützten das Blasorchester gerne und kamen mit Drums and Pipes und in voller Schottenmontur einmarschiert. Ganz wesensfremd war der Besuch ja nicht. Schließlich zählt der Dudelsack auch zu den Holzblasinstrumenten. Eine tolle Überraschung, die für einen besonderen Moment sorgte. Nicht zuletzt, weil das Stück sich Strophe für Strophe zu einer gewaltigen Klangkulisse aufbaut.
Wer bei so viel schottischer Lebensart Gänsehaut bekommen hatte, durfte sich nach der Pause bei einem kurzen musikalischen Halt in Spanien wieder aufwärmen. »Fuego del Alma« von Carl Strommen vereinte Pasodoble und Flamenco, verbunden durch traditionelle spanische Elemente. Das Feuer der Seele Spaniens wurde auch bei den Musikern geweckt. Sie spielten nicht nur ihre Instrumente, sondern wurden selbst zum Instrument und klatschten in einigen Passagen – ganz flamenco-like – mehrstimmig den Rhythmus.
Urlaubsspecials
Vom sonnigen Süden ging es anschließend zurück nach Großbritannien. Mit dem nächsten Stück wurde ein Mega-Star der Musikgeschichte geehrt. In einer Instrumentalversion von Phil Collins’ »Against all odds« glänzte Rudi Fautz in diesem Jahr nicht als Sänger, sondern als Solist am Alt-Saxophon. Einfach berührend, was sowohl in den Gesichtern des begeisterten Publikums als auch beim sichtlich stolzen Orchesterleiter zu sehen war. Eine Riesenherausforderung sei das Solo, erzählte Dirigent Axel Berger im Nachgang. »Aber Rudi Fautz ist eine Bank. Da kann man einem solchen Wunsch nachkommen«, lobte er.
Der ganz eigene Klang, den ein Dirigent dem Orchester verpasst, von dem am Anfang die Rede war, sollte auf humorvolle Art bei der Südböhmischen Polka in einer Spezialversion von großer Wichtigkeit werden. Alexander Herde und Samira Jilg sprachen in der Moderation von der großen Liebe des Dirigenten zum Saxophon, das zudem just im Jahr 2019 auch noch Instrument des Jahres sei. Ein besonderer Ansporn sei das gewesen, sich etwas Außergewöhnliches fürs Saxophon-Register auszudenken. Herausgekommen ist eine etwas eigenwillige Interpretation des Stücks von Ladislav Kubes, mit einem Saxophon-Solo der etwas anderen Art. Da ein Bild mehr sagt als tausend Worte, soll an dieser Stelle auf das entsprechende Foto verwiesen werden.
Special Effects sind das Markenzeichen von Hollywood-Blockbustern. Folglich verzichtete das Blasorchester Biberach nicht auf ebensolche, um den Trip nach Amerika anzukündigen. Breaking News des »BOB News Flash« flimmerten über die Leinwand. Schauplatz: »Sincity« alias die Neue Ortsmitte Biberach. Die Nachricht: Batman scheint enttarnt. Allem Anschein nach soll es Axel Berger sein. Der dirigierte das Orchester nach der Offenlegung schwungvoll durch das Batman-Soundtrack-Medley von Toshihiko Sahashi, in dessen Rahmen sich Franz Mäntele und Rudi Fautz als Solisten einen wahren Saxophon-Zweikampf lieferten.
Musik verbindet die Welt
Mit »Einmal um die Welt«, bekannt geworden durch Mary Roos, endete dann auch schon das eigentliche Programm. Das Publikum war noch einmal gefordert. Mit Laola und Co. verwandelte sich der Konzertsaal zur Partyzone. Und fast hätten die Besucher des Frühjahrskonzerts vergessen, nach einer Zugabe zu verlangen. Zum Glück nur beinahe, denn sonst wären ihnen ein intergalaktischer Astronautenmarsch, »Amazing Grace« in der Dudelsackversion und das »Dankeschön«, das jedes Frühjahrskonzert der Biberacher Musiker beschließt, entgangen.
Die Jugendreise
Natürlich hatte auch das Jugendorchester seinen Beitrag zu dem gelungenen Konzertabend geleistet. Unter der souveränen Leitung von Leonie Müller spielten sie zu Beginn des Abends ein Medley mit Michael Jacksons größten Hits. In einer Hommage an eine ebenfalls leider viel zu früh verstorbene Künstlerin, Whitney Houston, kam im Wechsel Schmuse- (I Will Always Love You und andere) oder Partystimmung (I Wanna Dance With Somebody und andere) auf. Mit dem abschließenden »We are the World« rollte das Jugendorchester einen weichen Klangteppich aus – a capella Showeinlage inklusive. Die Leistung beeindruckte das Publikum. »Weltklasse, was das Jugendorchester geboten hat«, fand der Vizepräsident des Blasmusikverbands Kinzigtal Jürgen Isenmann.











