Im März hat Lars Müller ein Berufsorientierungs-Praktikum (BOGY) im Berliner Büro des Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner absolviert. Sprühend vor Begeisterung erzählt der Gymnasiast von seinen Erfahrungen und Erlebnissen.
Beworben hat sich der 15-Jährige vor der Bundestagswahl 2017. »Sehr für Politik interessiert hatte ich mich schon davor, da dann aber vermehrt«, erzählt er. Deshalb habe er sich überlegt, wo man in der Politik ein Praktikum machen könne, »ob das sogar im Bundestag geht.« Also googelte er und fand heraus: Es geht.
Bei einigen aus der Region kommenden Abgeordneten verschiedener Parteien nahm der junge Biberacher Kontakt auf, bei Johannes Fechner wurde er angenommen. Der ist seit 2013 Abgeordneter des Wahlkreises Lahr-Emmendingen und als promovierter Jurist in der SPD-Fraktion zuständig für Rechtspolitik und Verbraucherschutz.
Wirklich nervös war Lars an seinem ersten Arbeitstag nicht, aber ein bisschen aufregend sei es schon gewesen, gesteht er, »weil man nicht wusste, was da auf einen zukommt, wie’s da aussieht.« Zunächst wurde er von des Abgeordneten wissenschaftlichen Mitarbeiter am Eingang des Bundestagsgebäudes abgeholt. Mit ihm – Markus Giesecke, seinem Betreuer – hatte Lars im Vorfeld einige Male telefoniert, »da kam er schon sehr sympathisch rüber, und so war er dann auch: sehr nett und sehr entspannt.« Er führte den Gymnasialschüler »ein bisschen herum«, ganz wichtig war dabei zunächst die Besorgung eines Hausausweises. »Mit dem konnte ich mich frei bewegen«, berichtet der Jugendliche, andernfalls hätte er sich an jedem Eingang einer Sicherheitskontrolle »wie am Flughafen« unterziehen müssen, denn »der gesamte Bundestagskomplex ist Hochsicherheitsterrain.«
Viel herumgekommen
Viel herumgekommen ist der Schüler während seines BOGY: im Bundestag, im Reichstagsgebäude oder in anderen Häusern wie dem Ausschussgebäude. »Jede Partei hat in den Gebäudekomplexen des Bundestags ihre Büros«, berichtet er. Das »seines« Abgeordneten befand sich im Jakob-Kaiser-Haus, das durch einen unterirdischen Gang direkt mit dem Reichstagsgebäude verbunden ist.
Lars’ Eltern hatten den Jugendlichen in seiner Praktikumswoche nach Berlin begleitet. In der Nähe des Brandenburger Tors mietete die Familie sich eine Wohnung an. Von dort ging Lars jeden Morgen los, um nach fünf Minuten Fußmarsch – um 9.30 Uhr – an seiner Arbeitsstelle zu sein. Mutter Andrea Müller (54) freut sich: »Wenn er uns abends von seinem Tag erzählt hat: er hat ja nur so gesprudelt.«
Zu Lars’ Aufgaben gehörte das Holen und Sortieren von Johannes Fechners Post sowie das Ausdrucken umfangreicher Unterlagen wie Parlamentsnachrichten oder Pressedokumentationen. »Auch E-Mails habe ich geschrieben, weil man für die vielen verschiedenen Einladungen Absagen und Zusagen geben muss.«
All diese scheinbar kleine Tätigkeiten, die dem Praktikanten aber viel Einblick in die Abläufe im Bundestag gegeben haben. Auch dessen Intranet als internes und vielfältig nutzbares Berichtswesen lernte er auf diese Weise kennen: »Da habe ich die neuesten Nachrichten schon mitgekriegt, bevor ich sie – zum Beispiel eine Stunde später – auf meinem Handy als offizielle Nachricht im Internet gelesen habe. Das fand ich immer ganz cool«, lacht Lars.
Viel erlebt
Am Abend seines ersten Tages fand im Fraktionssaal eine SPD-Veranstaltung statt, bei der es im Zuge einer Podiumsdiskussion unter anderem mit der jetzigen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles um die Frage ging, »wie man das Vertrauen in die soziale Demokratie stärkt«, berichtet der hochgewachsene Jugendliche. »Ich fand das Thema sehr interessant und fand es spannend zu erleben, wie es in so einem Fraktionssaal ist und wie so eine Diskussion abläuft.«
Auch die anschließende Verleihung des Otto-Wels-Preises für Demokratie erlebte er. Mit diesem zeichnet die SPD-Fraktion jedes Jahr »Leute aus, die sich ehrenamtlich um Demokratie kümmern«, erklärt Lars, der mangels Zeit seines Betreuers als auch Johannes Fechners selbst ohne jegliche Begleitung an der Veranstaltung teilnehmen durfte. Ohne dass er – zwischen Abgeordneten, Politikern und einigen wenigen Studenten sitzend – als jüngster Anwesender aufgefallen wäre. Dank seiner Größe von um die 1,80 Meter.
Bei der Gelegenheit lernte der 15-Jährige auch den Schauspieler Hans-Werner Meyer als einen »Menschen wie du und ich« kennen: Als die Versammlung sich auflöste, traf Lars zufällig auf den aus Film und Fernsehen Bekannten, der als Teilnehmer zur Podiumsdiskussion geladen und inmitten nobler Karossen mit einem unprätentiösen, sprich »klapprigen« Fahrrad erschienen war, sich mit Lars fotografieren ließ.
Viel gelernt
Einmal auch durfte dieser den Abgeordneten Fechner zu einem Ausschuss für rechtspolitische (sprich juristische) Themen begleiten. Dass verschiedene Ausschüsse tagen, bevor eine Plenarsitzung stattfindet, sei in der Schule in Gemeinschaftskunde durchgenommen worden, erinnert sich der Gymnasiast. Während seiner BOGY-Woche jedoch habe er gelernt, dass hinter der Arbeit eines Abgeordneten »noch viel mehr steckt, als nur an Ausschüssen und Fraktionssitzungen teilzunehmen«. So viel mehr, dass diese Arbeit nicht ohne Unterstützung zu bewältigen ist.
»Mir war vorher zum Beispiel nicht klar, dass jemand wie der Herr Fechner sechs Mitarbeiter hat«, schildert Lars. Denn neben dem gleichzeitig als Büroleiter fungierenden wissenschaftlichen Mitarbeiter unterstützen drei Referentinnen, eine für die Öffentlichkeitsarbeit (inklusive sozialer Medien) zuständige und eine Sekretärin den Abgeordneten, nehmen teils auch Termine für ihn wahr. Das hat Lars live erlebt, als er mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Markus Giesecke und baden-württembergischen Abgeordneten an einem Konferenztisch sitzen durfte, als es um die Ortsumfahrung Lahr ging.
Ohne die Hilfe seiner Mitarbeiter wäre für Johannes Fechner ein Tag nicht zu schaffen, der häufig genug dicht gedrängt mit verschiedensten und sich zudem überschneidenden Terminen gespickt ist, vom frühen Morgen bis weit in die Nacht hinein.
Den Tagesplan für den 22. März hat sich Lars in Kopie mitnehmen dürfen, als beispielhaftes Andenken sozusagen. Von einem frühmorgendlichen Medientermin sowie einer Podiumsteilnahme über Haushaltsdebatte, Gesprächstermine zu unterschiedlichsten Themen, Bürorunde und diversen namentlichen Abstimmungen in Plenarsitzungen bis hin zu einem abendlichen Empfang anlässlich eines Journalistenseminars sowie einem Abend mit Familienunternehmen reichte die Palette des an einem einzigen Tag zu Erledigenden.
Viele Blicke hinter die Kulissen
Am letzten Tag seines Praktikums durfte Lars Johannes Fechner in eine Plenarsitzung begleiten, saß auf der Besuchertribüne. »Das war auch nochmal richtig spannend«, sprudelt es aus ihm heraus. Denn nun konnte er verfolgen, ob und wie eine über Tage hinweg vorbereitete 4-Minuten-Rede des Abegeordneten vor versammelter Politprominenz »funktionierte«. Konnte die Debatte live erleben und all das, »was man im Fernsehen nicht sieht« – den Trubel beim Wechsel der Abgeordneten beispielsweise, wenn das nächste Thema auf der Agenda steht.
Ob das Praktikum mit seinen vielen Eindrücken und Blicken hinter die Kulissen anstrengend war? Der sympathische Jugendliche wehrt entschieden ab: »Ich war gar nicht kaputt«, lacht er, »es war so spannend, da hat man seine Energie richtig reingehängt.«