Auf dem Gelände des ehemaligen Sportplatzes entwickelt sich ein Mehrgenerationen-Areal. Auf einer Fläche von 3200 Quadratmetern errichtet das Bauunternehmen Volk als Investor eine Seniorenwohnanlage in dessen Mittelpunkt ein »Nachbarschaftshaus« steht. Weitere 2500 Quadratmeter, angrenzend an den Gemeindebauhof, bleiben im Besitz der Gemeinde Biberach. Dort soll eine Kindertagesstätte entstehen.
»Zentral gelegen mitten in der Gemeinde entsteht ein Zentrum für alle Biberacher«, zeigte sich Bürgermeisterin Daniela Paletta überzeugt. Mit der Einrichtung eines »Nachbarschaftshauses« habe die Gemeinde die Chance, ein Modellprojekt umzusetzen und gleichzeitig eine Angebotslücke zu schließen. Gemeinsam mit Architekt Karl Ringwald und Bauunternehmer Eduard Volk stellte sie gestern Abend die Planungen für die Seniorenwohnanlage vor. Mit am Tisch saßen Heimleiter Hubert Fehrenbacher und Pflegedienstleiterin Agnes Bihrer vom Pflege- und Betreuungsheim Ortenau in Gengenbach-Fußbach sowie Vorsitzende Andrea Mäntele vom Biberacher Verein »Hilfe von Haus zu Haus«. Vertreter von Fachbehörden erläuterten die Ergebnisse der Bodenuntersuchung und des Schallschutzgutachtens.
Räume für Allgemeinarztpraxis sind möglich
Die Gemeinde Biberach wolle keine Schnellschüsse sondern eine nachhaltige Entwicklung, in deren Mittelpunkt Familie, Jugend und Senioren stehen, betonte Bürgermeisterin Daniela Paletta. Dabei seien Bürgerbeteiligung und Transparenz für die Ortsentwicklung wichtiger denn je. Bei dem geplanten Projekt handle es sich um eine Nachverdichtung im Innenbereich, was die Nachhaltigkeit unterstreiche.
Bereits Mitte 2016 seien Bauunternehmer Volk und die Vertreter des Pflege- und Betreuungsheims mit dem Konzept auf die Gemeinde zugekommen, schilderte Bürgermeisterin Paletta. Der Gemeinderat habe sich bei seiner Klausurtagung im Herbst damit befasst. Ziel sei es nun aus dem alten Sportplatz ein Mehrgenerationen-Areal zu machen. 2500 Quadratmeter der Fläche, direkt anschließend an dem Bauhof sollen für den Bau einer Kindertagesstätte genutzt werden. Die Gemeinde brauche allerdings noch einige Zeit, um dies zu planen.
Daneben, so Bürgermeisterin Paletta, werde mit dem Bau des »Nachbarschaftshauses« ein modernes Altenhilfekonzept umgesetzt. Der Verein »Hilfe von Haus zu Haus« erhält hier einen neuen Stützpunkt. So entstehe ein Betreuungsangebot, das von der Bürgerschaft getragen sei. »Das Konzept überzeugt und hat schon reges Interesse gefunden. Hier wird eine Angebotslücke geschlossen«, bewertete Bürgermeisterin Paletta. Letztlich würden hier nicht nur Heimplätze sondern auch Arbeitsplätze entstehen.
Die Bürgermeisterin informierte darüber, dass die Gemeinde eine Ausschreibung für die Ansiedlung eines Facharztes für Allgemeinmedizin vorbereite. Praxisräume wären nach wie vor in der »Alten Fabrik« möglich. Denkbar wäre aber auch die Schaffung von Praxisräumen im neuen Seniorenzentrum.
Architektur ist zurückhaltend
»Der Ansturm auf das betreute Wohnen kommt erst noch«, stellte Architekt Karl Ringwald mit Blick auf die demografische Entwicklung fest. Deshalb sei es wichtig, dass im Dorf eine solche Einrichtung entstehe. Im Westen befinde sich das »Kapellenblick« im Osten künftig das Nachbarschaftshaus »Alter Sportplatz«.
Die gewählte Architektur der drei Baukörper mit Flachdach sei zurückhaltend gewählt worden und erdrücke das Umfeld nicht, erläuterte Architekt Ringwald. Selbst im Winter, bei tiefstehender Sonne, komme es zu keiner Beschattung der Nachbarhäuser.
Die Seniorenwohnanlage erhält eine Tiefgarage mit 16 Stellplätzen. Im Erdgeschoss des Nachbarschaftshauses wird die Tagespflege mit 20 Betreuungsplätzen untergebracht. Hier erhält der Verein Nachbarschaftshilfe »Von Haus zu Haus« sein neues Büro. Im 1. Obergeschoss wird eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für acht Personen und eine Seniorenwohnung eingerichtet. Im 2. Obergeschoss gibt es sechs altengerechte Wohnungen. In den beiden weiteren Gebäuden sind neun Senioren-Wohneinheiten geplant. Das Investitionsvolumen der Gesamtanlage beträgt fünf Millionen Euro.
Keine Blindgänger auf dem Gelände
Die beiden Vertreter der Fachbüros, Ralf Brudy und Dr. Wilfried Jans, erläuterten die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen. Das Gelände wurde im 2. Weltkrieg von vier Bomben getroffen. Blindgänger seien keine gefunden worden. Allerdings wurde die Fläche in den Nachkriegsjahren als kleine Dorfkippe verwendet. Die umwelttechnische Untersuchung – insgesamt wurden 25 Kleinbohrungen, zwei Grundwassermessstellen und 17 Baggerschürfen durchgeführt – haben ergeben, dass von den Altlasten keine Gefahren für Mensch und Natur ausgehen.
Anders sieht es bei der Belastung durch den Schienenverkehrslärm aus, so Dr. Jans. Tags wird die Strecke von 69 Zügen befahren, nachts von 11 Zügen. Deshalb müsse der Investor zum Schutz der künftigen Bewohner verschiedene Schallschutzmaßnahmen realisieren.
Generalmietvertrag durch das Pflege- und Betreuungsheim
Der künftige Betrieb des Nachbarschaftshauses wird vom Pflege- und Betreuungsheim Gengenbach-Fußbach des Ortenaukreises übernommen. Dieses schließt einen Generalmietvertag mit dem Bauunternehmen Eduard Volk ab. Heimleiter Hubert Fehrenbacher erläuterte das Betreuungskonzept und die neuen, zukunftsweisenden Formen der Pflege, die hier umgesetzt werden. Die Mitarbeit des Vereins »Hilfe von Haus zu Haus« bezeichnete
er als »Herz des Nachbarschaftshauses«.
In die Ausgestaltung der Tagespflege, so Fehrenbacher, werde das Pflegeheim seine Erfahrungen einbringen, unter anderem vom Charlotte-Vorbeck-Haus in Gengenbach. Bei der ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Obergeschoss stünden familiäre Strukturen im Vordergrund. Fehrenbacher nutzte den Vergleich mit einer »WG«. Allerdings wird auch diese Einheit von einer Präsenzkraft rund um die Uhr betreut.
Hier wird kein Luxusquartier entstehen sondern ein Betreuungsangebot für Normalbürger«, versprach Heimleiter Hubert Fehrenbacher. Wichtig sei, dass viele Leistungen, die hier künftig erbracht werden, finanziell von der Pflegeversicherung abgedeckt sind.
»Der Verein Hilfe von Haus zu Haus steht für Lebensqualität durch Nähe«, knüpfte Vorsitzende Andrea Mäntele an die Ausführungen von Heimleiter Fehrenbacher an. Die Vorstandschaft des Vereins habe zugestimmt, diese neue Herausforderung anzunehmen. Insgesamt setzen sich derzeit 35 Helferinnen und Helfer ehrenamtlich für ein lebenswertes Biberach ein. Weitere Helfer, vor allem rüstige Rentnerinnen und Rentner, seien für die Mithilfe gesucht. Das Nachbarschaftshaus, so Andrea Mäntele sei »eine Bereicherung für Biberach«.
Baubeginn startet noch in diesem Jahr
In der Fragerunde der anwesenden Bürger wurde nach dem zeitlichen Ablauf des Projekts gefragt. Zunächst muss noch das Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden. Baubeginn soll im September 2017 sein. Als Bauzeit nannte Bauunternehmer Volk ein Jahr, so dass mit einer Fertigstellung Ende 2018 gerechnet werden kann.
Kritik wurde laut, dass die Gemeinde das Grundstück »unter der Hand« und damit auch unter Wert verkaufe. Bürgermeisterin Paletta informierte, dass dies nicht der Fall sei und dass die Gemeinde in diesem Ablauf zu keiner öffentlichen Ausschreibung der Fläche verpflichtete sei. Eine weitere Frage, ob mit der Änderung des Bebauungsplans neuerliche Gebühren auf die Anlieger »Östlich der Bahnlinie« zukommen werden, entkräftete Bürgermeisterin Paletta mit einem klaren »Nein«. Der Bebauungsplan »Alter Sportplatz« sei aus dem Gesamtverfahren ausgetrennt worden und betreffe nun nur die Gemeinde und den Investor. So blieb es gestern Abend auch in der Fragerunde bei einer breiten Zustimmung für den Bau des Nachbarschaftshauses »Alter Sportplatz« und der Seniorenwohnanlage.