50 Jahre Eingemeindung: Die Reden während des offiziellen Festaktes beleuchteten sachliche und emotionale Aspekte. Fazit: Der Schritt war ein guter.




Bei der Feier zu Prinzbachs Eingemeindung vor 50 Jahren konnte Biberachs Bürgermeister Jonas Breig am gestrigen Sonntagmittag im Festzelt auf dem Schulhof viele Ehrengäste begrüßen. Darunter den Staatssekretär und Landtagsabgeordneten Volker Schebesta, den Landtagsabgeordneten Thomas Marwein, die Bürgermeistervorgänger Wolfgang Bösinger und Hans-Peter Heizmann, Ortsvorsteher Klaus Beck und dessen Vorgänger Alois Wussler, Schönbergs Ortsvorsteher Ludwig Kopf, Pfarrer i.R. Michael Toball für die Geistlichkeit, Vereinssprecher Richard Kammerer.
„Aus einer formellen Eingliederungsvereinbarung ist eine lebendige Gemeinschaft geworden“, betonte Jonas Breig zu Beginn des mittäglichen Festaktes vor über 450 Zuhörern. Wobei der Anlass des gefeierten Jubiläums zurückging auf die Verwaltungs- und Gebietsreform der damaligen Landesregierung: „Sie war der Grund für die Eingemeindung der ehemals selbstständigen Gemeinde Prinzbach in die Gemeinde Biberach am 01. Juli 1974.“
Er legte dar, wie emotional schwierig es damals für einige oder auch viele Prinzbacher:innen war, die Selbstständigkeit aufzugeben und die Ehe mit der Gemeinde Biberach einzugehen. Als Grund für den Zusammenschluss nannte Prinzbachs letzter Bürgermeister Josef Schöner: „Wir wollten aus dem sinkenden Schiff noch retten, was es zu retten gab.“ Damit gemeint war das Einstreichen einer Fusionsprämie von 280 000 DM, vom Land gezahlt für eine „freiwillige“ Eingemeindung. Mit dem Jahr 1975 wäre eine solche Eingemeindung zwangsweise und ohne Prämie erfolgt.
Historie der Reform
Den historischen Hintergrund erläuterte Jonas Breig wie folgt: Anfang der 1970er-Jahre führte die damalige Landesregierung eine Verwaltungs- und Gebietsreform durch, um größere Verwaltungseinheiten, mehr Bürgernähe und insbesondere Kosteneinsparungen zu erreichen. Zunächst wurden die Landkreise von 63 auf 35 reduziert und in diesem Zuge der Ortenaukreis gebildet. Der ist heutzutage der flächengrößte Landkreis Baden-Württembergs, mit über 432 000 Einwohnern.
Im nächsten Schritt folgte die Gemeindereform. Waren die Gemeindeverwaltungen früher in erster Linie eine Ordnungsverwaltung – mit insbesondere den Funktionen Meldebehörde, Standesamt, Ortspolizeibehörde und Feuerwehr -, so zeichnet sich die moderne Gemeinde durch ihr Angebot unter anderem an Schulen, öffentlichen Büchereien, Sportanlagen und Kindergärten aus. Durch Leistungen also, die den gestiegenen Ansprüchen der Menschen gerecht werden.
Viele Gemeinden vermochten jedoch mit diesen neuen Herausforderungen nicht Schritt zu halten. Durch die Reform reduzierte sich die Zahl der Kommunen bis Anfang 1975 auf 1111 und damit auf weniger als ein Drittel. Hatten ursprünglich 1800 Kommunen – und damit jede zweite Gemeinde – weniger als 100 Einwohner, so waren es nun nur noch 100.
In diesem Zuge wurde Prinzbach (heute rund 450 Einwohner) zum Ortsteil der Gemeinde Biberach. Schon damals hoben beide Bürgermeister das gute Verhältnis zwischen Biberachern und Prinzbachern hervor, sowohl auf Vereins- als auch auf privater Ebene. Auch wirtschaftlich waren die beiden Gemeinden bereits eng verbunden.
Bis zur ersten Kommunalwahl der Gesamtgemeinde gab es einen Übergangsgemeinderat, der sich mit insgesamt 16 Mitgliedern aus den beiden bisherigen Gemeinderäten Prinzbachs und Biberachs zusammensetzte. Zwei dieser Räte hieß Jonas Breig an dieser Stelle als Zeitzeugen besonders herzlich willkommen: Wendelin Marx und Leonhard Wussler.
Ausgewogenheit und Vertrauen
Mit dem freiwilligen Eingehen der „politischen Zwangsehe“ konnten damals wichtige Zusagen vereinbart werden: Das örtliche Brauchtum und das kulturelle Vereinslebens Prinzbachs sollte sich unangetastet und somit weiterhin frei und selbstständig entfalten können, die Vereinigungen und Einrichtungen Prinzbachs gleichermaßen gefördert werden wie in Biberach. Die Freiwillige Feuerwehr Prinzbach behielt ihre Selbstständigkeit als Abteilung der Gemeindefeuerwehr Biberach, Beschaffung und Ersatz von Ausrüstung übernimmt die Gemeinde Biberach. Für Prinzbacher Kinder wurde eine Beförderungsmöglichkeit zum Besuch des Biberacher Kindergartens eingerichtet. Zudem verankerte man einige Infrastrukturmaßnahmen.
Zum 20. Jahrestag stellte der damalige Bürgermeister der Gesamtgemeinde, Wolfgang Bösinger, fest, dass alle gegeben Zusagen erfüllt und darüber hinaus noch weitere Investitionen getätigt worden waren. „Damit war eine Ausgewogenheit gegeben und Vertrauen aufgebaut worden“, resümierte der aktuelle Bürgermeister Jonas Breig bei seiner Festansprache, „beides hat sicherlich entscheidend dazu beigetragen, dass es von Anfang an ein gutes und vertrauensvolles Miteinander gegeben hat.“ Aus einer Zwangsheirat war eine Vernunftehe geworden. Wobei der Zusammenschluss „auch für Biberach eine Bereicherung war und noch immer ist“, mit Prinzbach als Dorf mit dem historischen Erbe einer Stadt des Silbers, mit einer wertvollen Kulturlandschaft und einer reichhaltigen, lebendigen Dorfgemeinschaft.
Täglich neu zu bauende Brücke
Auch weiterhin gelte es, die Ausgewogenheit der Investitionen im Blick zu behalten, zeigte sich Jonas Breig dankbar dafür, dass heute nicht mehr das Verhältnis der Einwohnerzahlen als Maßstab verwendet werde, sondern die Sinnhaftigkeit der Maßnahme und die aktuellen Rahmenbedingungen.
Ein respektvolles Miteinander hat sich auch zwischen Ortschaftsrat und Gemeinderat etabliert, wie das Gemeindeoberhaupt betonte: Die Entscheidungen des Ortschafts- rates werden respektiert, und das Miteinander zwischen Ortsvorsteher und Bürgermeister ist von Vertrauen geprägt. „Gleichzeitig haben wir einen tollen gemeinschaftlichen Zusammenhalt als Gesamtgemeinde.“ Dennoch konstatiert Jonas Breig: „Bei den Vereinen wünscht man sich manchmal weniger Vorbehalte und ein Mehr an Toleranz, Verständnis füreinander und gegenseitiges Entgegenkommen.“ Insgesamt gesehen unterstützen sich die Vereine jedoch gegenseitig, „und eine gewisse Konkurrenz hat noch nie geschadet.“
Wie gesund und lebendig die Biberacher und Prinzbacher Vereinsgemeinschaft sei, zeige sich auch an der Organisation und Durchführung des Jubiläumsfestes gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung: „Das ist ein tolles Zeichen des Zusammenhalts und der Gemeinschaft.“ Bei seinem persönlichen Fazit blieb Jonas Breig im Bild der Ehe, indem er sich eines Zitats bediente: „Die Ehe ist eine Brücke, die man täglich neu bauen muss, am besten von beiden Seiten.“
Zukunftsgerichtet
Prinzbachs Ortsvorsteher Klaus Beck unterstrich viele der von seinem Vorredner dargebrachten Aspekte und belegte die positiven Aspekte des Zusammenschlusses mit einer großen Zahl von Beispielen: „Prinzbach hat sich sehr gut entwickelt.“ Dabei richtete er einen Appell an die Landes- und Bundespolitik: „Stattet die Kommunen mit für ihre Auf- gabenerfüllung erforderlichen Finanzmittel aus. Und wenn ihr uns neue Aufgaben hinzufügt, gebt uns auch das nötige Kleingeld, getreu dem Motto: wer bestellt, bezahlt.“
Mit Blick auf den diesjährigen Landeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“, bei dem Prinzbach als Sieger des Ortenaukreises hervorgegangen ist, bedankte er sich bei einer „ganz tollen Mannschaft“, der das zu verdanken sei: „Diesen Schwung gilt es nun für die Vorbereitung auf den Landeswettbewerb mitzunehmen.“
In seinem Resümee hielt Klaus Beck „eine positive, zukunftsgerichtete Entwicklung der Gemeinde Biberach mit dem Ortsteil Prinzbach“ fest, „lasst uns das feiern.“
Vereinssprecher Richard Kammerer formulierte das so: „Es gab Zeiten, in denen wir lernen mussten, die Unterschiede zu akzeptieren und die Stärken beider Orte zu bündeln.“ Man habe aber eine hervorragende, stabile Basis erarbeitet, „auf der wir gut und verlässlich aufbauen können.“ Wobei die Vereinsgemeinschaft von Biberach und Prinzbach eine tragende Säule für das gelingende Leben und Miteinander beider Orte sei. Doch es stünden noch große Herausforderungen auf der Agenda für die kommende Zeit. Zudem werde die Dynamik weiter zunehmen, so dass schnelle Reaktionszeiten und große Umsetzungsstärke die Berechtigung für solche doch eher kleinere Gemeinden seien. Er appellierte: „Lasst uns die nächsten 50 Jahre unsere Heimat voller Freude, Zusammenhalt, Gemeinschaftsgeist, neuen Ideen und viel Herzblut gestalten.“