Immer wieder mit Staunen aufgenommen wird Josef Ringwalds stets frei abrufbares Wissen zur Biberacher Heimatgeschichte. Auf Einladung der Landfrauen führte er am Mittwoch durch die spannende Historie des Ortsteils Prinzbach – auch wenn der Ankündigung zufolge die Geschichte der Prinzbacher Höfe auf der Agenda stand.



»Ich bin der Spur nachgegangen, aber das ist eine Geschichte, die sich nicht so einfach bewerkstelligen lässt«, erklärte Josef Ringwald einem Publikum, aufgrund dessen zahlreichen Erscheinens der Pfarrheimsaal aus allen Nähten zu platzen drohte.
»Hofgeschichte heißt Forschung«, so der versierte Hobby-Historiker, »das bedeutet auch die Suche nach Urkunden und Unterlagen.« Dies aber habe sich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht bewerkstelligen lassen.
Tatsächlich gibt es bereits eine Hofgeschichte. Verfasst von einem Pfarrer, der zwischen 1838 und 1859 in Prinzbach wirkte. Gemeinsam mit dem Zeller Historiker Dieter Petri suchte Josef Ringwald im Pfarrarchiv. Bislang ohne Erfolg.
Hinzu kommt: Wenn das Auffinden besagter Hofgeschichte gelingen sollte, »dann kann sie sicher nicht eins zu eins übernommen werden«, ist der Vorsitzende des Biberacher Historischen Vereins überzeugt, »dann muss sie sicherlich aufgearbeitet werden.«
Auch eine Fortschreibung – sprich Aktualisierung – stünde in diesem Falle an. Ein spannendes Projekt, wie Josef Ringwald befindet. Eines allerdings, das noch viel Zeit erfordern wird; so viel Zeit, dass mit einem Abschluss auch im kommenden Jahr nicht fest zu rechnen ist.
Statt durch die Geschichte der Prinzbacher Höfe führte der Referent seine Zuhörer daher durch die überaus wechselhafte Geschichte des heutzutage so idyllischen Luftkur- und Erholungsortes.
Römische Spuren
Dessen Frühgeschichte hängt nicht am seidenen Faden, sondern an einer hier gefundenen Scherbe römischen Speisegeschirrs. Die wurde außerhalb des einstigen Stadtareals ausgegraben, stammt aus der Zeit um 150 nach Christus und macht es laut Josef Ringwald »sehr wahrscheinlich, dass die Römer in Prinzbach waren.«
»Natürlich weiß man dadurch nicht, ob sich hier wirklich einmal eine römische Siedlung befand«, schränkt der historisch Bewanderte ein. Denkbar wäre auch, dass die Scherbe eine Hinterlassenschaft römischer Truppenbewegungen war, oder dass sie von Durchreisenden stammte. Denn: »Es gab früher eine Verbindung von Lahr/ Dillingen – einer römischen Siedlung – über den Passübergang Schönberg zur römischen Kinzigtalstraße, die 74 n. Chr. angelegt worden war und die Straßburg und Rottweil verband«, erklärt der Heimatforscher.
Adlige Bergbau-Ingenieure
Greifbarer wird die Geschichte Prinzbachs, wenn man einen Zeitsprung von 600 Jahren macht. Josef Ringwald: »Dann sind wir bei den Geroldseckern«, und die sind untrennbar mit Prinzbach und dessen einstigem großen Silbervorkommen verbunden. »Es gäbe keine Stadt Prinzbach ohne die Geroldsecker, und ohne Prinzbach gäbe es keine Geroldsecker Burgen«, betont der Referent. Im achten/neunten Jahrhundert kamen die hohen Herren als adelige Bergbau-Ingenieure in die Ortenau, im Gefolge eines elsässischen Adelsgeschlechts. Um die Rohstoffe des Landes auszubeuten.
Gerade in Prinzbach waren sie damit so erfolgreich, dass der Bau ihrer Burgen möglich wurde – im Wesentlichen bezahlt durch besagtes Silber. »Die Frage ist natürlich: Was kostet eine solche Burg?«, fragt Ringwald und beantwortet die ratlose Stille im Publikum mit einem feixenden »Mehr, viel mehr!« Nach heutiger Kaufkraft 60 bis 70 Millionen Euro nämlich, wie ein geschichtlich bewanderter Architekt vor Jahren einmal ausgerechnet hat. Dank des Prinzbacher Silbers vermochten die Geroldsecker in kurzer Zeit mindestens sieben solcher Burgen zu bauen. Trotz der immensen Kosten.
Vermutlich Anfang des 13. Jahrhunderts gründeten die Hochwohlgeborenen die Stadt Prinzbach, anno 1257 wird diese erstmals in einer Urkunde von Dominikaner-Mönchen erwähnt. Die zu damaligen Zeiten für eine Stadt unerlässliche und mit einem Wehrgang versehene Mauer war acht bis zehn Meter hoch, etwa 380 Meter lang und 180 Meter breit und umschloss rund vier Hektar. Mit zweieinhalb Metern war sie außergewöhnlich dick, denn zu jener Zeit üblich war eine Mauerstärke von zwei bis 2,20 Metern.
»Es gab hier wohl einiges zu beschützen«, erklärt der Historiker die in einem Sachbuch über Stadtbefestigungen mehrmals erwähnte Stärke der Prinzbacher Stadtmauer. Denn: Der Abbau des hoch begehrten Edelmetalls erfolgte innerhalb der Stadtgrenzen – ein einzigartiger Fall in ganz Europa. Bei Ausgrabungen kamen steinerne Schleuderkugeln zutage. Geschosse, die mithilfe von Schleudergeräten auf bis zu 400 Meter entfernte Angreifer niedergingen.
Bischofsstuhl dank Silber
Prinzbacher Silber hatte es 1260 ermöglicht, dass ein Geroldsecker auf den Straßburger Bischofsstuhl »gezahlt« werden konnte. »Da sind beachtliche Schmiergeldbeträge geflossen«, weiß Josef Ringwald. Mehr noch: Ein Prinzbacher Bürger gewährte diesem Bischof ein Darlehen in Höhe von 230 Mark Silber; die enorme Summe floss womöglich in den Bau des Straßburger Münsters. Zum Vergleich: Die Steuerkraft der damaligen wohlhabenden Reichsstadt Frankfurt – heutige Bankenmetropole – belief sich auf 280 Mark Silber. Die Steuerkraft des Elsass als damals reichste deutsche Provinz betrug 1250 Mark Silber.
Die Höhe des Darlehens ist also ein Hinweis auf die einstige wirtschaftliche Kraft Prinzbachs: »Manche sagen sogar: Prinzbach ist die Wallstreet des Mittelalters. Das ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen«, schmunzelt der frühere Banker, »aber ein wahrer Kern ist dran ob der immensen Kapitalkraft der damaligen Silberstadt.«
Wohl um 1350 dann aber war es vorbei mit der Silberherrlichkeit. Zum einen, weil der Silbergehalt der Erze zurückging. Zum anderen musste man stetig tiefer in den Berg, das machte den Abbau immer aufwändiger und schließlich unrentabel. Allerdings versuchte man – wenngleich erfolglos – bis teils ins 19. Jahrhundert immer mal wieder, den Silberabbau zu reaktivieren.
Wasser für jegliches Leiden
Eine weitere Blüte erlebte Prinzbach als gut besuchtes Heilbad, das eine Urkunde erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt. Die Quelle wurde aus einem Bergwerkstollen gespeist, ihr kupfer- und eisenhaltiges Wasser galt einem Arztbuch aus dem Jahre 1572 zufolge als ein Allheilmittel für jegliches Leiden. »Wann und warum das Bad einging, ist heute nicht bekannt«, bedauert der Heimatforscher. Übrig blieb ein Sandsteinbecken.
Mehrmals fiel Prinzbach samt seiner Kirche St. Mauritius Plünderungen und Brandschatzungen zum Opfer, weil es in die Kriegshändel der Geroldsecker mit einbezogen wurde. Im Jahre 1493 etwa gab es nur noch elf Gärten und vier Hofstätten, alles andere war zerstört.
Einen Exodus gab es auch im 19. Jahrhundert, als aufgrund von enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Landwirtschaft viele Höfe versteigert wurden. »In der Zeit von 1838 bis 1857 sollen alleine 38 Prinzbacher aufgrund dieser wirtschaftlichen Notlage ausgewandert sein«, so Josef Ringwald. Um so schöner sei es, heutzutage sagen zu können, dass Prinzbach ein gut besuchter und über die Region hinaus bekannter Luftkurort und Erholungsort geworden ist.«