»Sie haben wahrscheinlich mit das größte Potential beim Thema hochwertige Regionalität«, ermutigte Tourismusberater Dirk Monath anlässlich der Auftaktveranstaltung, die im Rahmen des Modellprojekts »Natürlicher Dorfurlaub« nun auch in Oberharmersbach stattfand.



Angesichts des von Experten bestätigten, enormen Potentials des Dorfes freute sich Oberharmersbachs Bürgermeister Richard Weith am Dienstagabend umso mehr, zur Auftaktveranstaltung des touristischen Modellprojekts »Natürlicher Dorfurlaub« über 50 Interessenten im Hotel Bären-Stube begrüßen zu können: Leistungsträger aus Tourismus, Gastronomie, Direktvermarktung, Handwerk und Gewerbe sowie Vertreter der örtlichen Vereinswelt.
»Der Tourismus ist für einige Betriebe in Oberharmersbach Dreh- und Angelpunkt ihrer Existenz, für viele aber zumindest ein erträglicher Nebenerwerb und ein willkommenes »Zubrot««, machte der Ortsobere den Stellenwert dieses Wirtschaftsfaktors samt einhergehender Wertschöpfung deutlich. Falsche Weichenstellungen würden kaum verziehen und schlügen sich recht schnell in Form rückläufiger Nachfrage nieder, mahnte er.
Aufgabe der Gemeinde sei es zwar, Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Tourismusarbeit zu schaffen, sozusagen den Rahmen um ein Bild zu bauen. Dieses Bild aber brauche Inhalt, so Richard Weith, »und dies ist insbesondere Aufgabe der Kleinvermieter von bis zu 20 Zimmern sowie der Gastronomen, an die sich das Modellprojekt »Natürlicher Dorfurlaub« (Nadu) schwerpunktmäßig richtet.«
Denn »Dorfleben« wird in Zeiten zunehmender Individualisierung oft nicht mehr als altbacken und überholt sondern als geradezu wieder erstrebenswert beurteilt, soll dem Gast daher erlebbar gemacht werden um Gefühle von Harmonie, Idylle, Gemeinschaft und Erholung auszulösen.
Eine Jury hatte Oberharmersbach unter 40 Bewerbern für das Projekt ausgewählt, gemeinsam mit 20 weiteren Gemeinden – darunter Nordrach und Unterharmersbach, in denen die jeweiligen Auftaktveranstaltungen bereits stattfanden.
Nun also auch in Oberharmersbach stellten Heide Glasstetter von der touristischen Dachorganisation Schwarzwald Tourismus (STG) in Freiburg sowie Dirk Monath und Peter Zimmer als die begleitenden Umsetzungsexperten der Futour Tourismus- und Regionalberatung die Initiative zur Stärkung von Kleinvermietern und Gastronomen detailliert vor.
Eines Segments also, das sich vor dem Hintergrund einer sich verstärkenden Wettbewerbssituation, einer wachsenden Diversifizierung touristischer Angebote sowie oft auch bezüglich der Frage nach der Betriebsnachfolge häufig schwer tut mit «Entscheidungen zur künftigen touristischen Ausrichtung ihres Betriebs, zu Art und Umfang ihres Angebots oder gar zu Sanierungs- und Umbaumaßnahmen oder Neuinvestitionen«, wie der Bürgermeister eingangs betont hatte.
»Werden Sie zu Erinnerungsdesignern«
Darum, »natürlichen Dorfurlaub« als eine Marke zu entwickeln geht es. Begriffe wie Entspannung, Entschleunigung, ländliches Wohnen, regionale Produkte, Authentizität stehen laut Heide Glasstetter für Trends respektive Themen, »von denen wir tagtäglich hören und die auch im Tourismus angekommen sind«. Und auf deren Basis im Rahmen von »Nadu« in Oberharmersbach ein möglichst einzigartiges Urlaubsangebot entwickelt werden soll. Indem sich Kleinvermieter, gastronomische Betriebe sowie regionale Erzeuger, Handwerker sowie durchaus auch Künstler unter Einbindung der Landschaft miteinander vernetzen, um dem Urlaubsgast – ausdrücklich individuelle – Erlebnisse zu bieten. Um ein vermarktungsfähiges, einzigartiges Angebot mit regional Schwarzwaldtypischem zu entwickeln, und zwar in buchbarer Form.
»Werden Sie zu Erinnerungsdesignern«, ermutigt die STG-Frau, »bieten Sie Ihrem Gast eine Bühne für perfekte Momente.« Das fängt mit einem buchbaren Schwarzwälder Frühstückskorb mit lokalen Produkten an. »Als Gast will ich wissen, wie der Schinkenspeck oder der Honig oder die Marmelade hier von Ihnen schmeckt, am besten auf dem Zeller Hahn- und Henne-Geschirr«, verdeutlichen die Berater, »je näher der Erzeuger bei der Unterkunft liegt, desto besser.«
Gleiches gilt für Gastronomen. Nicht nur eine Seite mit regionalen Rezepten einzurichten, schlagen die Berater vor. Sondern dazuzuschreiben, von welchem Erzeuger in welch geringer Entfernung die verwendeten Produkte stammen, idealerweise in Verbindung mit einer kleinen Geschichte zu dem jeweiligen Produkt. Der Emotionen wegen.
Hilfe zur Selbsthilfe
Weiter geht es mit Kultur- und Naturerlebnissen. Nicht unbedingt die für Gäste konzipierten Feste seien es, die besondere Momente bescherten, meinen die Experten, »sondern eher die kleinen, eigentlich nur für Einheimische gedachten – nehmen Sie als Vermieter Ihren Gast mit. Oder betrachten Sie gemeinsam auf einem Hügel den Sonnenaufgang, das ist ein hoch individuelles Erlebnis.«
Dabei gilt es zudem, die Einzigartigkeit des Dorfes herauszuarbeiten Als das speziell in Oberharmersbach Besondere erachten die Berater: das breite Spektrum an Handwerksbetrieben (unter anderem drei Bäckereien), den Naturerlebnispfad und den Premiumwanderweg »Vesperwegli«, Streuobstwiesen, Aussichtspunkte, das örtliche Nahwärmekonzept mit Hackschnitzelanlage, den Most. Wobei das übergreifende Alleinstellungsmerkmal »Vesperdorf« heißen könnte.
Die Experten betonen: »Wir versprechen Ihnen nicht, dass Ihre Betten in Zukunft voll belegt sind – da müssen Sie sich selber kümmern«, aber mit »Schwarzwald Dorfurlaub« werde Oberharmersbach am Ende des noch zwei Jahre währenden und finanziell von Land, STG und auch von der Gemeinde unterstützten Projekts ein Gütesiegel mit Zugpferd-Charakter vorweisen können. Eines, das für »schwarzwaldtypisch« und unbedingt auch für Qualität steht.
Besagte Qualität soll eine neue Tourismus-Generation anlocken und geht – sofern denn »alles stimmt« – mit der Möglichkeit einher, Preise auf vernünftigem Niveau zu erzielen. »Insofern kann Qualität ein Instrument der Zukunftssicherung sein«, unterstrich Peter Zimmer.
Unverzichtbar: Digitale Werbung
Besondere Landschaft, besondere Erzeuger, besondere Gasthäuser, besondere Menschen, besondere Unterkunft – bei gleichzeitiger Unterstützung respektive Nutzung ländlicher Strukturen wie das Einkaufen im Dorfladen: »Das Besondere ist ein Juwel, aber sie müssen es auch kommunizieren!« unterstrich der promovierte Tourismusexperte die Notwendigkeit einer intensiven und vor allem digitalen Vermarktung.
Auch diese wird vom Modellprojekt unterstützt. Das Gesamtpaket der von den Pilot-Teilnehmern kostenlos in Anspruch nehmbaren Leistungen erläuterte Peter Zimmer ebenso wie den weiteren Verlauf des Projekts, das vor einem Jahr an den Start ging und noch zwei Jahre währen wird.
Dazu gehören Vermieterberatungsgespräche, die aufgrund des hohen Interesses in Oberharmersbach als einzigem Ort bereits vor der Auftaktveranstaltung stattgefunden hatten.
»Schwarzwald-Dorfurlaub« wird das bisherige Vermarktungskonzept Oberharmersbachs jedoch nicht aushebeln, sondern einen weiteren Baustein darstellen. Schon alleine vor dem Hintergrund, dass den Beratern zufolge Wandern nach wie vor das zentrale Thema im Schwarzwald ist.
Weitere Infos zum Dorfurlaub in Oberharmersbach gibt es bei der Tourist-Info-Leiterin Jill Löffler, Telefon 07837/277; loeffler@oberharmersbach.net.