Lösung: Das Bild zeigt Pfarrer Ludwig Tröndle auf dem Weg vom Pfarrhaus ins Dorf unterhalb des Kriegerdenkmals. Er hatte die Pfarrei 1928 von Pfarrer Johann Busse übernommen, der 1927 sich aus gesundheitlichen Gründen versetzen ließ und jeweils für einige Monate bis zur endgültigen Neubesetzung von den beiden Pfarrverwesern Josef Moosmann und Franz Meyer vertreten wurde.
Das Auto im Hintergrund könnte (vermutlich ein Opel oder ein früher BMW) die Vermutung aufkommen lassen, dass der damalige Oberharmersbacher Pfarrer im Besitz eines Autos gewesen sein könnte. Pfarrer Ludwig Tröndle hatte aber keinen Führerschein (erst Pfarrer Franz Forner besaß nach 1953 ein Auto). Seine Versehgänge mit Mesner und mitunter auch Ministranten bei Wind und Wetter oder Tag und Nacht legte er zu Fuß zurück. Den Weg zum Religionsunterricht in der Schule Riersbach oder der Schule in Zuwald bestritt er hin und wieder mit dem Fahrrad.
Der Straßenverkehr, wie wir ihn heute kennen, war damals nur ansatzweise entwickelt, was sicher auch an den widrigen Straßenverhältnissen gelegen haben mag. Anfang der 1920er Jahre brauchte man sogar noch eine Erlaubnis für die Benutzung eines Fahrrades. Erst allmählich nahm der Verkehr zu. 1925 wurde bei einer Verkehrsschau vom Gemeinderat vorgeschlagen: »…dass in hiesiger Gemeinde ein Bedürfnis vorhanden ist, die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge auf 15 km innerhalb des Ortes herabzusetzen…« und zwar vom »…unteren Teil des Dorfes…bis hinterhalb Riersbach«. Scharfe Kurven machten dies erforderlich. Das Anliegen fand höheren Orts kein Gehör.
Die Folge: 1931 wurde der erste Führerschein eingezogen, ein weiterer Entzug folgte 1938 wegen Trunkenheit am Steuer und Raserei (Bezogen auf die damalige Verkehrsdichte, gibt das eine erstaunliche Quote: »Wildwest« eben, wie heute manchmal auch noch oder anders formuliert: Harmersbacher Landrecht bricht Bundesrecht).
1939 sind ganze elf Fahrzeuge registriert: August Lehmann, Jedensbach; Wilhelm Lehmann, Sägewerk; August Lay, Bärenwirt; Wilhelm Schwarz, Fischzucht; August Haag, Schlosser; Hinterbauer, Holdersbach (Karl August Lehmann); Christian Lehmann, Pfarrer; Ludwig Kempf, Autovermietung (2); Josef Kasper, Autovermietung (2). Zum Vergleich: 1990 waren 1.207 Autos in Oberharmersbach registriert.
Übrigens war Frau Luise Kasper die erste Oberharmersbacherin, die ihre Führerscheinprüfung ablegte. Nachdem ihr Mann Josef 1939 eingezogen worden war, übernahm sie mit der frisch erhaltenen Lizenz den »Männerjob«, bis die Wehrmacht alle Fahrzeuge beschlagnahmte.
Eine kleine Statistik soll die Verkehrsentwicklung ergänzen (Stand 30. Juni 2017; in Klammern die Zahlen vom 30. Juni 1990):
Pkw: 1.632 (1.207)
Krafträder: 287 (87)
Lkw: 105 (52)
Zugmaschinen: 311 (239)
Anhänger: 397 (150)
Busse: 5 (5)
Sonderfahrzeuge: 27 (z.B. Rettungsfahrzeuge, selbstfahrende Arbeitsmaschinen) (6)