Heute vor 125 Jahren kam Gerda Walther in Nordrach zur Welt. Sie ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Mystik und Parapsychologie des 20. Jahrhunderts.
Gerda Walther wurde am 18. März 1897 in Nordrach geboren. Ihre Eltern waren der Lungenfacharzt Dr. Otto Walther, Gründer der Lungenheilstätte Nordrach-Colonie, und seine zweite Frau Ragnhild, Tochter des dänischen Politikers und späteren Friedensnobelpreisträgers (1908) Fredrik Bajer.
Gerda Walther verbrachte ihre Kindheit bis zum Alter von elf Jahren in Nordrach. Im Jahre 1908 verkaufte Dr. Otto Walther seine Lungenheilstätte an die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden und zog mit Ehefrau Sigrun und seiner Tochter Gerda nach Leonie an den Starnberger See.
Entwurzelt
In ihrem vielbeachteten Buch »Zum anderen Ufer, vom Marxismus und Atheismus zum Christentum«, das Dr. Gerda Walther 1960 veröffentlicht hat, schildert sie ihr Leben, liebevoll ihre Kindheitserinnerungen, die Probleme mit ihrer Stiefmutter Sigrun und den schwierigen Wegzug aus Nordrach: »Ich konnte es lange nicht fassen, dass wir wirklich von Nordrach wegziehen sollten. Immer wieder durchstreifte ich die Ställe, den Wald – alle meine Lieblingsplätze. Eine ganze Welt brach in mir zusammen, als wir von Nordrach wegfuhren. Mit unheimlicher Deutlichkeit prägte sich mir alles ein, nun hatte ich keine Heimat mehr«.
Summa cum laude
Gerda Walther, in Nordrach nur von Privatlehrerinnen unterrichtet, besuchte nun Schulen, abwechselnd in Kopenhagen und München. Ab 1915 studierte sie in München, Freiburg und Heidelberg. Unter der Vielzahl der belegten Fächer waren Philosophie, Psychologie und Soziologie. Im Herbst 1919 ging sie wieder nach München zurück, promovierte im März 1921 und bekam den Doktorgrad mit der Auszeichnung »summa cum laude« verliehen.
Vermögen verloren
Ihr Vater Dr. Otto Walther verstarb am 6. April 1919 in Baden-Baden. Die nicht unbedeutende Erbschaft verlor Dr. Gerda Walther in der Inflationszeit. Deshalb musste sie ihren Lebensunterhalt mit Ganz- und Halbtagsstellen sowie wissenschaftlichen Arbeiten verdienen. Sie arbeitete nacheinander als Schwester in einer Augenklinik, als Sekretärin einer Berliner Politikerin und bei Prof. Hellpach im badischen Kultusministerium sowie als Stenotypistin in der Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen.
Sprachbegabt
Seit 1928 lebte Dr. Gerda Walther wieder in München, war freie Schriftstellerin und Übersetzerin und hielt Vorträge in Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland, Dänemark und Norwegen. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse – sie beherrschte neben Latein und Griechisch noch neun Sprachen – wurde sie im Jahre 1940 zur Auslandsbriefprüfstelle beim Generalkommando München kriegsdienstverpflichtet. Wegen »politischer Unzuverlässigkeit« wurde sie später inhaftiert und aus dem Dienst entlassen.
Spät in die Kirche
Ein Berufungsereignis während eines Gottesdienstes bewog Gerda Walther, atheistisch erzogen, nach langer Auseinandersetzung mit dem Christentum, in die Katholische Kirche einzutreten. Im Januar 1944 ließ sie sich taufen. Kardinal Faulhaber firmte sie am 29. Mai 1944.
Im Tod wieder zu Hause
Dr. Gerda Walther hat ihre innere Bindung an ihren Geburtsort Nordrach nie verloren. Sie kam immer wieder in ihre »alte Heimat Nordrach« zurück und erwog im Jahre 1950 sogar, im neuen Personalwohnhaus der Lungenheilstätte Kolonie ein Zimmer zu mieten.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Dr. Gerda Walther ab 1967 in einem Wohnstift in Dießen am Ammersee und verstarb dort am 6. Januar 1977. Ihrem Wunsch gemäß fand sie auf dem Nordracher Friedhof ihre letzte Ruhestätte, an der Friedhofsmauer links des Haupteingangs.