Über das vergangene Wochenende bewirteten Anna-Maria und Willi Kempf zum letzten Mal Gäste im »Schwarzwald-Idyll«. Seit dem 31. Januar 2020 ist das Gasthaus endgültig geschlossen. Damit hat Oberharmersbach im wahrsten Sinne des Wortes eine »Idylle« weniger.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge hat das Wirte-Ehepaar, das seinen Beruf mit Herzblut 48 Jahre lang für seine Gäste lebte, nunmehr altershalber Abschied genommen. „Wir haben in jungen Jahren die Führung des Hauses übernommen, jetzt ist es Zeit zu gehen“, meinen beide übereinstimmend.
Für das Wohnhaus im Wickersbach, „Villa Margareta“ genannt, beantragte Ludwig Kempf am 7. Mai 1955 die Konzession für ein Café. Er betrieb ein Fuhrunternehmen, eines seiner Markenzeichen war die Tankstelle vor der Haustür. 1966 folgte die erste Erweiterung mit Restaurant und Gästezimmer.
Für Willi, den jüngsten Sohn des Ehepaares Ludwig und Justina Kempf, sah die Lebensplanung ursprünglich anders aus. Er schmiedete schon Pläne als Speditionskaufmann, als er sich nach dem Tod seiner Mutter Justina mit der Übernahme des Hauses beschäftigen musste. Als er sich der Unterstützung seiner späteren Frau sicher war, übernahm er im Alter von 25 Jahren zum 1. Januar 1971 die Leitung des Gasthauses „Schwarzwald-Idyll“. Im November 1971 heiratete er Anna-Maria Rombach. Mit 19 Jahren unterstützte sie ihren Mann und gemeinsam legten sie den Grundstein für eine fast ein halbes Jahrhundert dauernde Erfolgsgeschichte.
Das Haus „Schwarzwald-Idyll“ genoss einen guten Ruf. In der Küche sorgte Anna-Maria tagaus, tagein mit ihren Wildgerichten und – wie sollte es anders sein in der unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Forellenzucht – mit ihren Spezialitäten der Schwarzwaldforelle für eine Bereicherung der Speisekarte des beliebten Restaurants. Willi verstand sich derweilen als „Manager des Betriebes“ und war hinter der Theke und im Service eingesetzt. Er machte zusätzlich eine Ausbildereignungsprüfung, um in seinem Betrieb junge Menschen mit den Besonderheiten des Hotelfachs vertraut zu machen.
Das Gasthaus „Schwarzwald-Idyll“ fand Zuspruch, auch im benachbarten Elsass. 1976 folgte die zweite Ausbaustufe mit 14 Doppelzimmern und einem Appartement. Im Laufe der Jahre baute sich das Ehepaar eine gute Stammkundschaft auf.
„Unsere Gäste suchten hier Ruhe und Erholung“ schildert Willi die Interessen seiner Kundschaft, denen er stets mit Pauschalen immer wieder Neues bieten konnte. „Aber ganz allmählich hat man das veränderte Urlaubsverhalten gespürt“, meint Anna-Maria schon in den 1980-er Jahren den Trend zu Flugreisen bemerkt zu haben. Trotz günstiger Angebote habe man hier nicht konkurrieren können.
Da sich keine Perspektive für eine Nachfolge ergab, musste früher oder später eine Entscheidung getroffen werden. 2016 wurde das „Schwarzwald-Iyll“ verkauft, auf Anfrage und für Pauschalreisende war das Hotel immer noch geöffnet. „Altershalber haben wir jetzt die Entscheidung getroffen, unser Haus ganz zu schließen“, zog das Ehepaar Kempf einen Schlussstrich unter ihr Berufsleben.