»Ich war diejenige, die am meisten gestaunt hat«, erinnert sich Chorleiterin Bärbel Neunzig an den Erfolg, den die CanTanten von Anfang an hatten. Vor 20 Jahren als einer der ersten reinen Frauenchöre in der Region entstanden, feiern sie am 12. Juli ihr Jubiläum mit einem Benefizkonzert.
Jeder Handgriff sitzt, wenn sich der aus heutzutage 38 Frauen bestehende Chor in der Unterharmersbacher Grundschule zur allmittwöchlichen Abendprobe trifft.
Im Handumdrehen sind die Stühle aufgestellt, auf denen die verschiedenen Sopran- und Altstimmen nach einer bestimmten Ordnung Platz nehmen. Denn so lassen sich – wie in jedem Chor – ihre Einsätze am besten dirigieren, was Bärbel Neunzig von einem Flügel aus tut.
»1998 sind wir als eigentlich nur für einen Auftritt gedachtes Projekt entstanden«, erzählt die 75-jährige Lehrerin im Unruhestand, die als Schwerpunktfächer an der Pädagogischen Hochschule einstmals Musik und Sport studierte, an der Schule in Unterharmersbach sowie die Förderschule in Zell und zuletzt lange Jahre im Bildungszentrum Ritter von Buß unterrichtet hat.
Die Projektgründung ging vom Männergesangsverein in Unterharmersbach aus, wo sie als Vizedirigentin fungierte. Als der damalige Leiter des Männerchors bei dessen Jahreskonzert eine neue Klangfarbe einbringen wollte, machte man sich auf die Suche nach Frauenstimmen. »Wahrscheinlich haben die ein paar Ehefrauen gescheucht, dass die mitsingen«, erzählt die Musikerin mit ihrem unnachahmlichen, liebevoll-trockenen Humor, und so ging es 1998 mit 16 Frauen los.
»Nach dem Konzert aber wurden wir wieder heimgeschickt, das fanden wir alle schade«, erzählt die gute Handvoll jener, die von damals noch immer dabei sind. Doch beim nächsten Konzert traten die Männer erneut an Neunzig heran, weil ihnen das gemeinsame Singen mit den Frauen so gut gefallen hatte – »da habe ich alle 16 wieder zusammenklauben müssen.« Und denen wiederum bereitete das Singen unter Bärbel Neunzigs Anleitung eine solche Freude, dass daraus eine Singgemeinschaft entstand.
Sogar schwedisch und koreanisch
»Wir sind kein Verein, den ganzen Verwaltungsaufwand wollen wir nicht«, erzählen die Frauen, »es funktioniert auch so sehr gut.« Ausdrücklich international singen sie. Nicht nur in englischer und französischer, sondern auch in schwedischer und sogar koreanischer Sprache. Über die Lautschrift, mit dem der Notensatz einer bei der Olympiade gesungenen koreanischen Weise versehen ist, haben sie sich den Text angeeignet.
»Es ist eine wunderbare Melodie und auch ein wunderbarer Chorsatz«, schwärmt Neunzig und wieder ist da – zum laut kichernden Vergnügen aller – ihr trockenes Grinsen: »Aber wahrscheinlich tut jedem Koreaner der Bauch weh, wenn er uns hört.«
Einen dicken Leitzordner füllt das Repertoire der Sängerinnen inzwischen. Denn neben dem längst Usus gewordenen alljährlichen Osterkonzert gemeinsam mit den Männern veranstaltet der Frauenchor alleine regelmäßig ein Benefizkonzert. Alle drei Jahre jedoch nur – zum einen wegen des zu stemmenden Aufwands und der Schwierigkeit, fast 40 Frauen von 29 bis 80 Jahren terminlich unter einen Hut zu bekommen. Zum anderen, weil es für die Zuhörer etwas Besonderes bleiben soll.
Zu diesem Zweck sind sie dazu übergegangen, den größten Teil ihrer Lieder auswendig zu präsentieren. »Denn die Damen kamen auf die Idee, man könnte ja ein bisschen Performance machen, und wenn’s nur mit dem Hintern wackeln ist«, bringt die Chorleiterin mit der ihr eigenen Art wieder alle zum Lachen.
Wobei das Auswendiglernen eine Herausforderung darstellt, teils sogar »richtig harte Arbeit«, die jede Sängerin auf ihre Art meistert. Selbst im Urlaubsgepäck befindet sich das zu Lernende unter Umständen. »Man muss sehr viel üben«, sind sich alle einig. Und wenn es beim Einstudieren eines neuen Liedes mit dem Text noch nicht so klappt, dann erarbeitet man sich die Melodie zunächst mit einem »La-la-la«.
Interessanter Entwicklungsprozess
Das Endergebnis lohnt alle Mühe: »Die Zusammenführung der einzelnen Stimmen ist was ganz, ganz Schönes«, formuliert eine Sängerin stellvertretend für alle: »Das ist interessant, wie sich das abspielt und wie es im Laufe der Zeit immer besser wird.« Und eine andere ergänzt: »Zunächst verzweifelt die Bärbel manchmal.« Während alle lachen, grinst Neunzig, senkt den Kopf und bedeckt spitzbübisch die Hand mit den Augen.
Auch sie selbst ist immer wieder enorm gefordert. »Die ganzen modernen Sachen, die wir singen, die hat sie früher gar nicht gekannt«, erzählen die Frauen, denn ihre Frontfrau kommt aus der Klassik. In feixender Selbst-Ironie gesteht diese: »Ich musste richtig hart üben – diese blöden Rhythmen! Bei Mozart und Beethoven gibt’s die schrägen Sachen nicht. Und diese Akkorde! Ich hab’ ständig gedacht, ich spiel falsch!«
Doch es sei toll, versichert sie gleich darauf in tiefer Ernsthaftigkeit, noch immer mache der Chor ihr großen Spaß. Den haben unbedingt auch dessen Mitglieder. Mit dem Ergebnis, dass sie in der Probe ab und an ein bisschen undiszipliniert seien, gestehen sie ihrerseits und meinen damit eine andere als gesangliche Betätigung ihres Mundwerks.
»Aber beim Konzert liefert ihr auf den Punkt ab«, betont Bärbel Neunzig. Derart gut eingestellt ist der Chor dann, dass er auf einen bloßen Fingerzeig oder auf ein Winken reagiert, während die Leiterin sich auf das Klavierspiel konzentriert. Einen solchen Namen haben sich die CanTanten gemacht, dass sie regelmäßig von anderen Chören zu deren Jahreskonzerten eingeladen werden.
Lieblingslieder
»So richtige Kämpfe hat’s bei uns noch nie gegeben«, erzählen sie vom zudem bei gemeinsamen privaten Unternehmungen gepflegten Zusammenhalt. Große Einigkeit auch herrschte bei der Wahl der rund 20 Lieder für das nun anstehende Benefizkonzert, die ganz demokratisch von allen ausgewählt wurden. »Bei manchen Sachen, die neu einstudiert werden, denkt man auch erst mal: Um Gottes Willen, dieses Stück auf keinen Fall«, erzählen die Frauen. Am Schluss würden genau daraus dann aber meist »die absoluten Lieblingslieder«. »Die Bärbel kriegt es aber auch hin, uns genau dahin zu führen«, erklärt eine der Sängerinnen. Und alle nicken kräftig.
Bestes Beispiel: Die Sache mit den Volksliedern. Als Bärbel Neunzig dereinst ein solches zu singen vorschlug, sei ein Aufschrei der Entrüstung durch die Reihen ihrer Sängerinnen gegangen. Als der Chor bei seinem nächsten Konzert das wider Erwarten lieb gewonnene »Ännchen von Tharau« sang, »lachten die Leute zunächst. Dann waren sie mucksmäuschenstill, und dann haben sie geklatscht wie blöd«, erinnert sich die Chorleiterin. Seither singen die Frauen auf ihren Konzerten als Zugabe meist ein deutsches Volkslied, als Kontrastprogramm zu ihren internationalen Titeln.
Benefizkonzert am 12. Juli
Das diesjährige Benefizkonzert – diesmal mit den Lieblingsliedern der CanTanten – findet statt am Donnerstag 12. Juli, um 20 Uhr im Zeller Kultur- und Vereinszentrum »Obere Fabrik«. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten: Der Erlös kommt dem Ortenauer Kinder- und Jugendhospizdienst in Offenburg zugute.