Die Geschichte Seelbachs ist eng mit der Geschichte der Geroldsecker verknüpft. Nicht nur die Seelbacher interessieren sich für diese besondere Vergangenheit.
„Seelbach hat vier Burgen im Ort“, der Vortrag des Historischen Vereins im „Schwarzwälder Hof“ mit dem Historiker Christoph Bühler fand zahlreiche Zuhörer, auch aus dem Kinzig- und Harmersbachtal, sodass im großen Nebenraum des „Schwarzwälder Hofs“ kein Platz frei blieb. Kurzweilig skizzierte Bühler den Aufstieg und Niedergang der Burgen und ihrer Besitzer und ihre Verbindungen genauso wie das, was trotz Hinweisen ungeklärt bleibt. Zwei Überraschungen hielt sein Vortrag parat: Das Geroldsecker Geschlecht lässt sich bis zum heutigen Königshaus in England verfolgen und der Katharinenmarkt ist fast zwanzig Jahre älter als bisher angenommen.
Erstmal nacherzählen
Die Burgruine Hohengeroldseck an erster Stelle, dann die Lützelhard, Dautenstein, schon weniger bekannt…und welche ist die vierte? Der Rauhkasten, Alt-Geroldseck. Christoph Bühler, aus Lahr stammender Historiker, lehrte lange Jahre an der Universität Heidelberg und ist der wohl beste Kenner der Geschichte des Geroldsecker Adelsgeschlechts. Auch wenn er schon seit 20 Jahren nicht mehr dazu forscht und heute auf die Pfalz spezialisiert ist, von der wiederum einige Verbindungen zu den Geroldseckern führen. Bühler ist auch guter Pädagoge, der Anschauungsobjekte, Lebenserfahrung und heimischen Dialekt einsetzt, um seine Zuhörer mitzunehmen, wenn er symbolisch Seite um Seite in einem alten Buch aufschlägt. Sieben Freiwillige aus dem Publikum ließ er anfangs soziale Rollen einnehmen, vom Edelknecht und Ritter bis zum Freiadeligen und Grafen ganz vorne. Nur Männer, trotz weiblicher Nachfrage aus dem Publikum, schließlich war die Gesellschaft damals männerdominiert. Die Lützelharder verortete er hinten in der Reihe, als einfache Ministeriale der Zähringer, „adelige Proletarier“, die aber die Chance hatten, aufzusteigen. In Diensten des Stauferkaisers in Italien hätten Sie die Chance gehabt, groß herauszukommen. Wenn sie denn je wieder aufgetaucht wären. Ein Rätsel bleiben für Bühler auch die Dautensteiner. Immerhin hatten sie Besitz und mittleren Status, bevor die Geroldsecker an ihre Stelle traten.
Kluge Heiratspolitik
Die Geroldsecker, sie sind für Bühler „etwas absolut Besonderes“. Besonders machen sie aus seiner Sicht vier Klöster in Besitz, darunter Schuttern. Als eines der reichsten Klöster der Karolingerzeit war es zwei Jahrhunderte später verarmt. Wo war der Reichtum hin? Nach Überzeugung Bühlers in die Taschen der Geroldsecker, die darauf ihren Besitz etwa im Breisgau aufbauten. Ganze elf Burgen hatten sie, die aber alle unterhalten werden mussten. Zumal die Geroldsecker immer mit dem Grundproblem beschäftigt waren, zu wenig Einnahmen und zu viele Ausgaben zu haben. Klug war da ihre Heiratspolitik: Sie heirateten ununterbrochen in große Familien ein. Was dazu führte, dass sie auch nach dem Tod des letzten Geroldseckers in den Adelshäusern Europas weiterlebten. Bühler präsentierte eine lange Stammlinie der Nachkommen, die zum Staunen des Publikums in der in 29. Generation bei dem kleinen Prinz George von England ankam. Man müsse sich geradezu fragen, welche europäischen Fürstenhäuser nicht mit ihnen verbunden seien. Bühlers Fazit: „Die Geroldecker sind ein Brocken und ich komme aus dem Kauen nicht heraus“. Nach der Vorankündigung waren die Zuhörer gespannt, was Bühler zum Katharinenmarkt herausgefunden hat. Diebold hatte ihn nach der Teilung in vier Linien als Verlierer eines Krieges ums Erbe gegen die Lahrer ins Leben gerufen. Er ist laut Bühler älter als bisher angenommen. Schon 1436 wurde das Marktrecht – noch ohne Nennung des Marktnamens – erstmals urkundlich erwähnt und nicht erst 1455.
Anders als gedacht
Seelbach hat vier Burgen, davon eine in exponierter Lage: Das ist schon etwas, worauf es stolz sein kann, wo sich etwa Neckarsteinach „Dreiburgenstadt“ nennt. Oder sind es sogar fünf? Einige Zuhörer hätten gern mehr zum fast gänzlich verschwundenen „Müller-Schlössle“ am Börschlisberg erfahren, doch da musste Bühler passen. Ein Zuhörer machte ihn nach dem Vortrag darauf aufmerksam, dass der Rauhkasten außerhalb Seelbacher Gemarkung liegt. Eine Burg dazu, eine weg. Es bleibt bei vier Burgen im Ort.